zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Viag plant radikale Neuordnung des Konzerns

MÜNCHEN (tmh).Nach Siemens startet mit der Viag AG ein weiterer Großkonzern aus München eine umfassende Neuordnung.

MÜNCHEN (tmh).Nach Siemens startet mit der Viag AG ein weiterer Großkonzern aus München eine umfassende Neuordnung.Der Mischkonzern will vor allem seine komplette Logistiksparte verkaufen, wie der neue Viag-Chef Wilhelm Simson vor Journalisten in München ankündigte.Damit trenne sich der Konzern von 15 Mrd.DM Umsatz und rund 13 000 Beschäftigten.Die übrigen Industrieteile sollen massiv ihre Ertragskraft steigern und mittelfristig so viel zum Gewinn beisteuern wie der heute noch dominierende Energiebereich.

Simson geht davon aus, daß die Viag-Tochter Klöckner & Co AG, Duisburg, mit allein zehn Mrd.DM Umsatz Anfang 1999 veräußert werde.Es gebe diverse Interessenten, unter anderem die Thyssen AG, Duisburg.Auch die 30prozentige Beteiligung an der Schweizer Spedition Kühne & Nagel AG will Simson verkaufen, wobei die Familie Kühne ein Vorkaufsrecht hat.Allerdings scheint es Probleme mit dem Kaufpreis zu geben.Schon klar ist die Lage beim Geschäft mit Standardbehälterglas der Viag-Tochter Gerresheimer Glas AG, Düsseldorf.Das werde im Rahmen eines "Ausstiegsszenarios" in ein Gemeinschaftsunternehmen der französischen Danone-Gruppe eingebracht.Insgesamt trennt sich die Viag von fast einem Drittel des Konzernumsatzes und 13 000 Beschäftigten.

Zugleich kündigte Simson vermehrt Zukäufe bis hin zu einer Fusion von Viag-Töchtern mit Wettbewerbern an.Man werde versuchen, das vom Verkauf betroffene Umsatzvolumen durch internes und externes Wachstum in bestehenden Geschäftsfeldern wieder auszugleichen.Konkrete Kandidaten für Zukäufe oder Fusionen gibt es offenbar noch nicht.In der Sparte Chemie soll der 56prozentige Anteil an der Th.Goldschmidt AG, Essen, aufgestockt und das Unternehmen dann binnen zwei bis drei Jahren unter das Dach der Chemie- Führungsgesellschaft SKW Trostberg AG gebracht werden.

Den Ausstieg aus der Logistik begründete Simson mit den gemessen am verbleibenden Viag-Geschäft schwachen Renditen der Sparte.Die Handelshäuser Klöckner sowie Kühne & Nagel operierten auch mit einer anderen Mentalität als die Energie-, Telekommunikations- und Industrieaktivitäten der Münchner.Durch die geplanten Verkäufe wandle sich die Viag zum fokussierten Mischkonzern.Auf mittlere Sicht strebt Simson nun ein Gleichgewicht in den operativen Gewinnen der Industriebeteiligungen und der Energiesparte um die Bayernwerk AG von jeweils rund 2,5 Mrd.DM an.

Der Mischkonzern knüpfe dieses Jahr an das Rekordergebnis des Vorjahres an, wozu vor allem das Bayernwerk und die Tochter VAW aluminium AG, Bonn, beitragen, kündigte Simson an.Er erwartet bis Jahresende ein fünfprozentiges Plus im operativen Ergebnis, obwohl der Aufbau der Sparte Telekommunikation wie geplant für Anlaufverluste von rund 700 Mill.DM sorgen werde.Die für Telekommunikation zuständige Tochter Viag Interkom arbeite trotz Verlusten überplanmäßig, sagte Simson.Bis Ende 1999 erwartet er bis zu 800 000 Kunden im Mobilfunk.Mit der Deutsche Telekom AG, Bonn, habe die Viag erneut Gespäche aufgenommen, um deren Netze nutzen zu können.Den Konzernumsatz sieht Simson 1998 etwa gleichbleibend bei 50 Mrd.DM.Die Erlöse sind 1998 stark vom Verkauf der Tochter Computer 2000 AG und diversen Zukäufen geprägt.In den ersten neun Monaten der Periode erwirtschaftete die Viag bereinigt ein siebenprozentiges Umsatzwachstum.

Klare Worte fand Simson zum von Bonn geplanten Ausstieg aus der Kernenergie.Die Viag sei nur zu Konsensgespächen bereit, wenn durch ein "Vorschaltgesetz" nicht bereits Tatsachen von der neuen Bundesregierung geschaffen würden.Die Viag peile ein "akzeptables Ergebnis" an, das sich an den 40- bis 60jährigen Laufzeiten der eigenen Atomreaktoren orientieren dürfte.Notfalls könne die Viag sich auch im Ausland an Kernkraftwerken beteiligen.Für den Fall einer Politik der Nadelstiche gegen einzelne Stromkonzerne kündigte er eine solidarische Antwort der gesamten Branche an.Falls Bonn einen Ausstieg binnen fünf Jahren wolle, seien Ausgleichszahlungen fällig.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false