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Gestern und heute. Vier Männer steuerten und steuern den Konzern: Aufsichtsratschef Gerhard Cromme, der Vorsitzende der Krupp-Stiftung, Berthold Beitz, der langjährige Vorstandschef Ekkehard Schulz und dessen Nachfolger Heinrich Hiesinger (von links). Foto: rtr

© REUTERS

Wirtschaft: Viel Ärger mit dem Stahl

Thyssen-Krupp leidet unter den neuen Anlagen in Amerika / Hauptversammlung in Bochum.

Berlin - Der Hauptverantwortliche kam gut davon, sogar mit Applaus. Womöglich hatte die Entschuldigung von Ekkehard Schulz die Aktionäre beeindruckt. Der langjährige Chef von Thyssen-Krupp (1999 bis 2011) hatte nämlich am Tag der Hauptversammlung im „Handelsblatt“ Fehler zugegeben. „Ich habe zu lange den falschen Leuten vertraut“, hatte Schulz gesagt. „Der Schaden wäre geringer gewesen, wenn ich früher gehandelt hätte.“ Der Schaden ist in Brasilien entstanden, wo der Konzern aus dem Ruhrgebiet im vergangenen Jahr ein Stahlwerk in Betrieb genommen hatte. „Statt 3,5 Milliarden Euro kostet es nun 5,2 Milliarden Euro“, räumte Schulz ein. „Dafür habe ich die Verantwortung übernommen.“ Und zwar, indem er sein Aufsichtsratsmandat niederlegte. Das hat womöglich auch die Aktionäre besänftigt.

Schulz saß also am Freitag als Gast in der ersten Reihe der Hauptversammlung in Bochum, um sich die Reden des Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Cromme und seines Nachfolgers Heinrich Hiesinger anzuhören. Cromme, der irgendwann den inzwischen 98-jährigen Berthold Beitz an der Spitze der Krupp-Stiftung ersetzen soll, wurde von Aktionärsvertretern kritisiert und bisweilen zum Rücktritt aufgefordert. Dagegen wurde das Schaffen Hiesingers, den Cromme als Schulz-Nachfolger von Siemens zu Thyssen-Krupp geholt hatte, eher wohlwollend beurteilt. Trotz des enormen Verlustes im vergangenen Geschäftsjahr (zum 30. September). Wegen Abschreibungen im Volumen von 2,1 Milliarden Euro auf die beiden neuen Stahlwerke in Brasilien und den USA machte der Konzern einen Verlust von 1,8 Milliarden Euro. Eine Dividende wird trotzdem gezahlt – darauf legt Beitz Wert, damit „seiner“ Stiftung nicht das Geld ausgeht.

Das laufende, erste komplette Geschäftsjahr unter der Regie Hiesingers wird wohl besser als das vergangene Jahr. Aber nicht gut. Für das bereits vergangene erste Quartal kündigt Thyssen- Krupp ein Ergebnis an, „das deutlich unter dem Vergleichsquartal des vorherigen Geschäftsjahres liegt“. Für die übrigen neun Monate wollte Hiesinger am Freitag keine Prognose wagen, da die Entwicklung der Weltwirtschaft „nicht verlässlich absehbar“ sei. Also konzentriere er sich „auf die Stellschrauben, die wir selbst beeinflussen können“. Und damit meint er vor allem den Verkauf von weiteren Unternehmensteilen und die Emanzipation vom Stahl. „Wir wollen unsere Abhängigkeit von einzelnen Geschäftsbereichen und Regionen weiter verringern“, sagte Hiesinger den Aktionären. Das muss nicht den Verkauf der neuen Stahlwerke in Amerika bedeuten, wie hier und da spekuliert wird. Im Gegenteil. „Mittel- und langfristig“ sieht Hiesinger in den milliardenschweren Anlagen „ein enormes Wertsteigerungspotenzial und aussichtsreiche Perspektiven“.

Den Schwerpunkt wird der Vorstandsvorsitzende Hiesinger allerdings im Ausbau des Technologiebereichs setzen, zu dem Industrieanlagen und Aufzüge/Fahrtreppen gehören. Wie zuvor bei Siemens will Hiesinger nun bei Thyssen-Krupp die Konzernaktivitäten auf die Megatrends Bevölkerungswachstum, Energieeffizienz und Umweltschutz ausrichten. Die dafür erforderlichen Mittel soll der Verkauf von Unternehmensteilen bringen. Bereits im Mai 2011 hatte Hiesinger angekündigt, der Konzern werde Bereiche mit rund zehn Milliarden Umsatz und 35000 Mitarbeiter verkaufen oder an die Börse bringen. Die „Umsetzung der Portfoliooptimierung verläuft nach Plan“, teilte der Konzern am Freitag mit. Dabei ist die Umsetzung großer Teile des Verkaufsprogramms nicht in Sicht.

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