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Wirtschaft: Visionär der Handy-Generation: John W. Stanton, Voicestream-Gründer und neuer Telekom-Aktionär, hat ein gutes Gespür bewiesen

John W. Stanton, Vorstandschef der Voicestream Wireless Corp aus dem US-Westküstenstaat Washington, wird glücklicher Aktionär bei der Deutschen Telekom AG.

John W. Stanton, Vorstandschef der Voicestream Wireless Corp aus dem US-Westküstenstaat Washington, wird glücklicher Aktionär bei der Deutschen Telekom AG. Seine 20 Millionen T-Aktien waren am Montag 900 Millionen Dollar wert. Wie hat es der erst 44 Jahre alte Unternehmer so schnell so weit gebracht? "Der Mann ist einfach Klasse", urteilt Scott McAdams, Chef des Maklerunternehmens McAdams Scott Ragen, aus Seattle, Stantons Geburtsstadt. Stanton habe es geschafft, indem er sich um vernachlässigte Märkte und Technologien im drahtlosen Westen des Landes kümmerte, sagen andere. Alle bewundern ihn als visionären Macher mit einem treffsicheren Gespür für das Kommende. Jetzt hat sich diese Begabung ausgezahlt: Die Telekom will 50,7 Milliarden Dollar, knapp 106 Milliarden Mark, für Voicestream zahlen.

Als Stanton am Whitman College in Walla Walla in Washington seinen Bachelor-of-Arts absolvierte, dachte er wohl kaum an eine Karriere in der Telekommunikationsbranche: Sein Hauptfach war Politikwissenschaft. Der Gedanke dürfte ihm erst später an der Harvard Business School gekommen sein. Dort lernte er einen anderen Visionär kennen, Craig McCaw, mit dem er das Mobilfunkunternehmen McCaw Cellular aufbaute. Mit etwas gewagten Finanzierungsmethoden gelang es ihnen in den 80-er Jahren in kürzester Zeit, den Markt für drahtlose Kommunikation zu dominieren. 1991 machte sich Stanton selbstständig. Er gründete mehrere Firmen, die er 1994 mit der Western Wireless Corp zusammenlegte.

Western Wireless stürzte sich nicht auf die bevölkerungsreichen Ballungsgebiete der USA, sondern brachte seinen als Cellular One bekannten drahtlosen Service in Gebiete, die von Telekommunikationsdiensten abgeschnitten waren. Als noch bedeutender sollte sich Stantons Entschluss erweisen, sein heute fast flächendeckendes Netz nach dem europäischen Mobilfunkstandard GSM zu betreiben. Für die zwei fehlenden Gebiete will Voicestream im Herbst Lizenzen ersteigern. Dafür will die Deutsche Telekom nochmal fünf Millionen Dollar ausgeben.

GSM, das Kürzel für den Global Standard Mobile Communications, kämpft seit einiger Zeit darum, auf dem US-Markt Fuß zu fassen, weil hier verschiedene Technologien miteinander konkurrieren. Doch Stanton glaubte fest daran, dass es billiger sein würde, ein landweites Telekommunikationsnetz mit einer bewiesenen Technologie aufzubauen. Deshalb hatte er sich für GSM entschieden. Im Mai 1999 nahm er Voicestream aus Western heraus und etablierte die neue Firma als börsennotiertes Unternehmen mit Sitz in Bellevue im Staat Washington. Überzeugt von der Überlegenheit des GSM-Standards kaufte Stanton die GSM-Rivalen Omnipoint für 1,7 Milliarden Dollar und Ariel Communications für 1,8 Milliarden Dollar. Hierdurch gelang der Durchbruch in die östliche Hälfte der USA. Voicestream machte sich aber gleichzeitig zum Übernahmeziel europäischer Anbieter, die den US-Markt im Visier haben. Mit 2,5 Millionen Abonnenten ist Voicestream zur Zeit nur der achtgrößte Mobilfunkanbieter in den USA. Im ersten Quartal konnte Voicestream den Umsatz auf 171 Millionen Dollar verdreifachen, wies jedoch einen operativen Verlust von 119 Millionen Dollar aus. Die Mitarbeiterzahl ist in den vergangenen fünf Jahren von 320 auf rund 8200 gewachsen. Die Kundenzahl soll nach Schätzung der Firma von derzeit 2,3 Millionen auf vier Millionen Ende des Jahres steigen.

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