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Wirtschaft: Vivendi vor harter Sanierung

Paris/Düsseldorf (juf/hps/slo/HB). Dem weltweit zweitgrößten Medienkonzern Vivendi Universal droht der Ausverkauf.

Paris/Düsseldorf (juf/hps/slo/HB). Dem weltweit zweitgrößten Medienkonzern Vivendi Universal droht der Ausverkauf. Nach der bevorstehenden Ablösung von Vivendi-Chef Jean-Marie Messier rechnen Branchenexperten mit einem harten Sanierungskurs. Der als Nachfolger gehandelte Jean-René Fortou, Aufsichtsrats-Vize des deutsch-französischen Aventis-Konzerns, werde gezwungen sein, Teile des Konzerns zu verkaufen. Angesichts des Schuldenberges von rund 42 Milliarden Euro werde das Unternehmen in seiner jetzigen Form nicht überleben können. Nach Informationen des Wall Street Journals soll Messier 18 Millionen Euro Abfindung erhalten.

Analysten erwarten, dass das Vivendi-Telekomgeschäft bestehend aus Cegetel und SRF sowie der Bezahlfernsehsender Canal Plus ganz oben auf der Verkaufsliste stehen werden. Der Kurseinbruch der Aktie setzte sich auch am Mittwoch fort. Das Papier, das am Vortag 25 Prozent verloren hatte, fiel zwischenzeitlich um 17 Prozent. Die US-Ratingagenturen Moody’s und Standard & Poor’s hatten die Kreditwürdigkeit von Vivendi am Dienstag klar zurückgestuft.

Zu den ersten Interessenten für Teile des Konzerns zählt der britische Pay-TV-Betreiber British Sky Broadcasting Group Plc, der sich für Canal Plus interessiert. „Wir sehen uns diese Möglichkeit an, wie andere Investmentchancen“, erklärte ein Sprecher des von Rupert Murdoch (News Corp.) kontrollierten Medienunternehmens. Die News Corp. plante schon vor Wochen, für 1,4 Milliarden Dollar den italienischen Pay-TV-Sender Telepiu von Vivendi zu übernehmen.

Auch bei französischen Investoren gibt es Überlegungen, bei Canal Plus einzusteigen. Das französische Medien- und Automobilunternehmen Lagardère, der Fernsehkonzern TF 1, der Film- und Fernsehproduzent Path‚ zählten bereits in der Vergangenheit zu den Interessenten.

Nach Ansicht von Branchenexperten steigt jetzt auch die Wahrscheinlichkeit, dass der britische Mobilfunkkonzern Vodafone sich einen lang gehegten Wunsch erfüllt und seinen Anteil an dem zweitgrößten französischen Mobilfunker SFR erhöht. Aus dem Vodafone-Umfeld heißt es nur, man werde jede Chance dazu nutzen, solange der Preis stimmt. Chris Gent, Chef des britischen Mobilfunkkonzerns will schon seit längerem, seine SFR-Minderheitsbeteiligung aufstocken. Man wolle den freien Cash-Flow von 2,3 Milliarden Pfund am Ende des vergangenen Geschäftsjahres als Akquisitionswährung nutzen, unter anderem um den Anteil an SFR zu erhöhen, sagte Gent jüngst bei der Vorlage der Bilanz Ende Mai.

Vodafone besitzt 32 Prozent an SFR, wovon 20 Prozent direkt gehalten werden und der Rest über eine 15-Prozent-Beteiligung an dem SFR-Mutterkonzern Cegetel, der zu Vivendi gehört. Nach Analystenschätzungen müsste Vodafone etwa sieben bis neun Milliarden Euro für den Vivendi-Anteil an dem Mobilfunkbetreiber zahlen.

Das wäre ein Aufschlag von 15 bis 30 Prozent auf den derzeitigen Wert des Unternehmens - unter Umständen zu viel Geld für einen Mobilfunkkonzern, der angesichts der Telekom-Baisse an den Börsen kein Geld vergeuden darf, sagen Analysten.

Auch das Portfolio der Wasser- und Umwelttochter Vivendi Environnement dürfte viele Interessenten anlocken. Bei der Wasserversorgung steht Vivendi gemeinsam mit der französischen Suez Lyonnais des Eaux weltweit an der Spitze. Allerdings drücken das Unternehmen hohe Schulden. Vor rund zwei Jahren hatte sich RWE um die Vivendi-Sparte bemüht - ohne Erfolg. Vivendi brachte die Sparte an die Börse.

Ob RWE nach wie vor an Vivendi-Teilen interessiert sein könnte, wollte das Unternehmen am Mittwoch nicht kommentieren. Dies gilt in der Branche aber eher als unwahrscheinlich. RWE-Chef Dietmar Kuhnt hat mehrfach betont, dass jetzt die Integration der jüngsten Zukäufe Priorität habe.

Noch steht eine Auflösung des Vivendi-Reiches ganz am Anfang. Möglicherweise zerfällt der Mischkonzern in einen amerikanischen und europäischen Teil.

„Bei dem Konzern stoßen nicht nur zwei Unternehmenskulturen, sondern auch zwei nationale Kulturen aufeinander“, sagt Medienexperte Jo Groebel, Präsident des Europäischen Medieninstituts.

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