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Wirtschaft: Volkswagen bekommt einen neuen Großaktionär

Emirat Abu Dhabi will zehn Prozent der Anteile übernehmen / Niedersachsen hält an VW-Gesetz fest

Berlin (fo/Tsp). Das Emirat Abu Dhabi will bei Volkswagen einsteigen. Geplant ist eine Beteiligung von bis zu zehn Prozent. Dies gab Konzernchef Bernd Pischetsrieder auf der Hauptversammlung in Hamburg bekannt. In einem ersten Schritt bauen die Wolfsburger mit der staatlichen Investmentgesellschaft Abu Dhabi das Servicegeschäft aus. Gemeinsam wird die Firma Leaseplan für insgesamt zwei Milliarden Euro übernommen, VW steigt damit nach DaimlerChrysler zum zweitgrößten Automobilleasingunternehmen in Europa auf.

Das Interesse von Abu Dhabi sei es, „über einen mehrstufigen Umsetzungsprozess letztlich Aktionär der Volkswagen AG zu werden“, sagte der Konzernchef weiter. Dieser Wunsch werde vom Vorstand geprüft. Das Land Niedersachsen als größter VW-Aktionär begrüßt den geplanten Einstieg des Emirates. Das sei ein „interessanter Partner für VW“, sagte Landeschef Christian Wulff (CDU) dem Tagesspiegel. Gemeinsam mit dem Emirat würde Hannover fast 25 Prozent der VW-Aktien und über 30 Prozent der Stimmrechte kontrollieren. Dieser Unterschied kommt dadurch zustande, dass VW neben Stammaktien mit Stimmrechten auch Vorzugsaktien ohne Stimmrechte ausgegeben hat (Lexikon Seite 18).

Wulff bestritt aber, dass der Einstieg Abu Dhabis eine Vorbereitung zur Abschaffung des umstrittenen VW-Gesetzes sei. Nach diesem Gesetz darf kein Einzelaktionär mehr als 20 Prozent Stimmrechte bei VW ausüben, auch wenn er mehr Aktien hätte. Damit und durch andere Regeln über die Besetzung des Aufsichtsrates ist VW faktisch gegen eine feindliche Übernahme geschützt. Die EU-Kommission versucht seit Jahren, das Gesetz zu kippen, weil sie darin einen Verstoß gegen den freien Kapitalverkehr sieht. Ministerpräsident Wulff dagegen sieht in dem Einstieg des Emirates den Beweis dafür, „dass das VW-Gesetz kein Hindernis für einen ausländischen Investor darstellt“. Das mögliche Engagement Abu Dhabis wertet Wulff als „Schlappe für die EU-Kommission“.

Details der Übernahme von Leaseplan von der niederländischen Bank ABN Ambro müssen noch geklärt werden. Das Unternehmen verwaltet für Firmenkunden 1,2 Millionen Fahrzeuge und hat 2003 einen Gewinn von 193 Millionen Euro eingefahren. Pischetsrieder betonte, das Flottenmanagement sei ein profitabler und wachsender Markt, in dem VW bereits mit Europcar vertreten sei.

Der Konzernchef hatte schon früher angekündigt, Volkswagen durch den Ausbau des Dienstleistungsgeschäfts unabhängiger von der Autokonjunktur machen zu wollen. VW will 50 Prozent von Leaseplan für eine Milliarde Euro kaufen und dafür möglicherweise einen Teil der Aktien einsetzen, die das Unternehmen von sich selbst besitzt. Die Olayan-Gruppe aus Saudi-Arabien und die staatliche Mubadala aus Abu Dhabi sollen je 25 Prozent von Leaseplan übernehmen.

Aktionäre kritisierten auf der Hauptversammlung in erster Linie die Luxusstrategie von VW. Der Konzern habe zu viel Geld in die Entwicklung des Oberklassemodells Phaeton gesteckt und preisgünstigere Modelle vernachlässigt, hieß es. Es stelle sich die Frage, wie lange sich VW den Phaeton noch leisten könne und ob es überhaupt noch nötig sei, den Bugatti einzuführen, sagte Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Die Luxusmarken kann sich VW in der derzeitigen Lage nicht leisten“, sagte auch Michael Schneider, Vertreter der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka. Die Vertreterin von Deutschlands größter Fondsgesellschaft, der DWS, sorgte sich, dass Volkswagen sich auf Nebenschauplätzen zu Gunsten von Luxusträumen verzettele.

2003 hatte VW wegen der schwachen Konjunktur sowie zu hoher Erwartungen an das Luxussegment weit über eine halbe Milliarde Euro abschreiben müssen. Das operative Konzernergebnis brach um knapp 63 Prozent ein. Der Vorsteuergewinn halbierte sich auf 1,5 Milliarden Euro. Die Dividende wird daher um 19 Prozent gekürzt.

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