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Wirtschaft: Volkswagen: Die EU-Kommission geht erneut gegen VW vor

Der Volkswagen-Konzern muss erneut mit einem empfindlichen Bußgeld wegen Verletzung der europäischen Wettbewerbsregeln rechnen. Es geht um den Eingriff in die Preisbildungsfreiheit der VW-Händler in den Jahren 1996 und 1997.

Der Volkswagen-Konzern muss erneut mit einem empfindlichen Bußgeld wegen Verletzung der europäischen Wettbewerbsregeln rechnen. Es geht um den Eingriff in die Preisbildungsfreiheit der VW-Händler in den Jahren 1996 und 1997. Damals untersagte die Konzernspitze, für das neue Passat-Modell "substanzielle Rabatte" zu gewähren. In diesem Verhalten erkennt EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti einen Verstoß gegen EU-Recht. "Der Fall ist abgeschlossen", sagte ein Mitarbeiter Montis dem Handelsblatt. Ende Mai sollen die nationalen Kartellrechtsexperten gehört werden. Dann will die Kommission die Höhe des Bußgeldes verkünden. In Montis Dienststellen heißt es, VW müsse sich auf einen Betrag "in zweistelliger Millionenhöhe" einstellen.

Bereits 1998 hatte Montis Vorgänger Karel van Miert gegen VW ein Bußgeld von 200 Millionen Mark verhängt. Damals hatte die Kommission dem Konzern nachgewiesen, zehn Jahre lang den Re-Import preiswerter Autos aus Italien behindert zu haben. Im vergangenen Sommer bestätigte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Entscheidung. Auch wenn der EuGH den Betrag wegen eines Formfehlers der Kommission um 20 Millionen Mark nach unten korrigierte, ist dies die höchste Strafe, die Brüssel jemals gegen ein Unternehmen aussprach. VW hat gegen den Richterspruch Revision eingelegt.

Die neuen Vorwürfe bewerten die Wettbewerbshüter als weniger schwer wiegend. Zudem wird die Kooperationsbereitschaft der Wolfsburger als strafmindernd hervorgehoben. Allerdings rechtfertigten die Zusatzeinnahmen zu Lasten der Verbraucher die Verhängung eines Bußgeldes. Den Verdacht eines Preisdiktats konnten Montis Beamte mit Hilfe von drei Briefen des damaligen VW-Vertriebsleiters an die Händler erhärten. Der Vertriebschef, der den Konzern nach Bekanntwerden der unlauteren Praktiken verließ, warnte darin die Händler ausdrücklich davor, für den neu eingeführten Passat Nachlässe zu gewähren. Auch wurden die Händler aufgefordert, in Wolfsburg solche Kollegen zu denunzieren, die ihren Kunden Rabatte einräumten. Branchenkenner erklären die Repressalien mit der Forderung aus der Konzernzentrale, den Passat preispolitisch im gehobenen Mittelklasse-Segment zu etablieren und ihn damit insbesondere vom günstigeren Familienauto Skoda Octavia abzusetzen. Chassis und Motor dieses Wagens der tschechischen VW-Tochter sind denen des Passat ähnlich.

VW selbst bestritt die Vorwürfe aus Brüssel zunächst, besann sich dann jedoch darauf, mit der Kommission zu kooperieren. Heute räumt das Unternehmen das Fehlverhalten ein. In der Umgebung von Konzernchef Ferdinand Piëch heißt es, Anlass der drei Schreiben sei "die Sorge um die schlechte Ertragslage der deutschen Händler" gewesen. VW habe "inzwischen klar gestellt, dass die Händler bei der Preisgestaltung frei sind und dass sie bei Unterschreitung der unverbindlichen Preisempfehlung keinerlei Sanktionen zu erwarten haben".

Der zweite Schiedsspruch gegen den Autohersteller unterstreicht aufs Neue die Macht der EU-Kommission im Wettbewerbsrecht. Obwohl der Vorgang nur das deutsche Händlernetz betrifft, reklamierte Brüssel - ermutigt durch die Rechtsprechung des EuGH - die Zuständigkeit für sich. Die Richter unterstrichen mehrmals, dass ein Fall auch dann von gemeinschaftsweiter Bedeutung ist, wenn er auf das Territorium eines Mitgliedslandes beschränkt bleibt. Wegen wettbewerbswidriger Praktiken will Monti als Nächstes gegen Daimler-Chrysler vorgehen. Der Abschluss des Verfahrens verzögert sich aber. In Brüssel heißt es, die Beweislage sei schwieriger als bei VW.

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