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Volkswagen: Piëch stärker als je zuvor

Der Volkswagen-Konzern gerät immer stärker unter die Kontrolle des Hauptaktionärs Porsche. Ferdinand Piëch verbleibt trotz Widerstandes aus Niedersachsen an der Spitze des VW-Aufsichtsrates.

Wolfsburg/Brüssel - Gleichzeitig verliert das Land Niedersachsen an Einfluss. Der zweitgrößte VW-Aktionär gab seinen Widerstand gegen eine weitere Amtszeit von Porsche-Miteigentümer Ferdinand Piëch an der Spitze des VW-Aufsichtsrats auf. Das verlautete aus Regierungskreisen. Zugleich steht das fast 50 Jahre alte VW-Gesetz, gegen das Porsche opponierte und Niedersachsen stärkte, vor dem Aus. Nach Ansicht des einflussreichen Generalanwalts beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), Damazo Ruiz-Jarabo Colomer, verstößt der Sonderschutz für VW gegen EU-Recht. Das höchste EU-Gericht wird in einigen Monaten urteilen.

Porsche, die EU-Kommission als Klägerin sowie Aktionärsschützer begrüßten die Luxemburger Vorentscheidung. Kritik gab es von Gewerkschaften sowie der VW-Belegschaft, die um ihre Jobs fürchtet. Die Bundesregierung und das Land Niedersachsen halten die Regelung zur Verhinderung feindlicher Übernahmen in Wolfsburg weiterhin für EU-konform.

Der Generalanwalt des EuGH sieht durch das VW-Gesetz den freien Kapitalverkehr in der EU behindert. Er stellte sich eindeutig hinter die EU-Kommission, die vor zwei Jahren gegen die Bundesregierung geklagt hatte. Ruiz-Jarabo griff insbesondere das Endsenderecht von Bund und Land Niedersachsen in den VW-Aufsichtsrat an. Dies verschrecke potenzielle Investoren.

Porsche steht hinter der EU

Der Gutachter griff zudem die Regel an, wonach kein Aktionär in Wolfsburg über mehr als 20 Prozent der Stimmrechte bei der Hauptversammlung verfügen darf, selbst wenn er mehr Aktien besitzt. Das stärke die Stellung der öffentlichen Anteilseigner bei VW. Das Gericht ist zwar nicht an die Stellungnahme des Generalanwalts gebunden, folgt dieser aber häufig. Der EuGH kann zwar nationale Gesetze nicht aufheben, aber Mitgliedstaaten auffordern, sie abzuschaffen.

Der Autobauer Porsche, der einen VW-Anteil von 27,4 Prozent hat, hatte sich in den vergangenen Monaten hinter die EU-Kommission gestellt. Die Stuttgarter sehen sich wegen des VW-Gesetzes eingeengt. Das Land Niedersachsen hält einen Anteil von 20,8 Prozent. Bei einem Fall des VW-Gesetzes erwarten Analysten ein Übernahmeangebot Porsches.

Niedersachsen gibt Widerstand auf

Im Sinne Porsches ist der Machtkampf im Aufsichtsrat von Volkswagen entschieden worden. Das Land Niedersachsen gab seinen Widerstand gegen eine weitere Amtszeit Piëchs an der Spitze des Kontrollgremiums auf. Damit ist der Weg für eine Wiederwahl des 69-Jährigen bei der VW-Hauptversammlung am 19. April in Hamburg frei. Porsche bekommt demnach künftig drei statt bisher zwei Mandate im VW-Aufsichtsrat. Piëch wird künftig als Vertreter des Stuttgarter Autobauers gezählt. Das Land Niedersachsen hat zwei Vertreter.

Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Christian Wulff (CDU) hatte sich lange gegen eine Wiederwahl Piëchs ausgesprochen. Piëchs Amtszeit endet mit dem Aktionärstreffen. Wulff war vor allem die Doppelfunktion von Piëch als VW-Aufsichtsratschef und Porsche-Miteigentümer ein Dorn im Auge. Wulff sah mögliche Interessenkonflikte Piëchs sowie eine Verletzung der Grundsätze der guten Unternehmensführung.

Wiedekings Kehrtwende

Nach dem Einstieg Porsches bei VW hatten sich Wulff und Porsche-Chef Wendelin Wiedeking vor einem Jahr zunächst darauf geeinigt, dass ein "neutraler Manager" und kein Vertreter von Porsche Nachfolger Piëchs als VW-Aufsichtsratschef werden soll.

Im Dezember 2006 allerdings hatte Wiedeking mehr Einfluss für Porsche bei VW gefordert. Auf der Automesse in Detroit Anfang Januar dieses Jahres dann hatten sich sowohl VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh als auch Wiedeking offen für einen Verbleib Piëchs an der Spitze des VW-Kontrollgremiums ausgesprochen und sich damit gegen Wulff gestellt.

Wulff knickt ein

In Regierungskreisen in Hannover hieß es, Wulff akzeptiere nun den Wunsch des stärksten VW-Aktionärs Porsche nach einem weiteren Aufsichtsratsmandat und damit auch eine weitere Amtszeit Piëchs an der Aufsichtsratsspitze.

Offensichtlich wollte Wulff einen längeren Machtkampf und eine Zerreißprobe bei Volkswagen vermeiden. Außerdem ist Porsche mittlerweile mit einem deutlichen Abstand größter VW-Aktionär - anders als zum Zeitpunkt der Verabredung zwischen Wulff und Wiedeking Anfang 2006. In den Regierungskreisen wurde zudem darauf verwiesen, dass inzwischen ein Ausschuss des VW-Aufsichtsrats die Geschäftsbeziehungen zwischen Volkswagen und Porsche überwache. Dies sei ein wichtiger Punkt. (tso/dpa)

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