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Der Vollbart ist beliebt vor allem bei jungen Männern zwischen 18 und 25 Jahren. Dieser gehört Denny Bräuer, dem Gewinner von Face of Germany 2013.

© imago/Mario Aurich

Vollbärte liegen im Trend: Verwegen und männlich

Die aktuelle Bartmode bedeutet haarige Zeiten für die Hersteller von Rasierklingen wie Gillette und Wilkinson. Sie reagieren mit neuen Produkten.

Ob Hollywood-Größen wie Brad Pitt und George Clooney, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann oder Fußballtrainer Jürgen Klopp – der Vollbart ist wieder angesagt. Wer diesen Trend in Deutschland losgetreten hat, ist nicht überliefert. Aber ein Blick in U-Bahnen oder Clubs hierzulande offenbart eine augenfällige Vorliebe zum Vollbart und zwar weniger zum getrimmten Bärtchen als vielmehr zum pflegeleichten Wildwuchs.

„Seit zwei Jahren ist der Vollbart richtig in“, skizziert K. D. Kaiser, Creative Director des Zentralverbands des deutschen Friseurhandwerks, den aktuellen Trend. „Das gilt vor allem für junge Männer, die zunehmend verwegen und männlich aussehen wollen.“ Gefragt sei ein Bart, der ganz natürlich wirke und daher nicht zu sauber geschnitten sein dürfe. Schon in den vergangenen Jahren war die tägliche Rasur bei modebewussten Männern nicht mehr unbedingt Standard. „Vor dem Vollbart gab es den Trend zum Dreitagebart und vorher war der dünne Kevin-Kuranyi-Bart in Mode“, erläutert Kaiser. Doch für beide Vorlieben waren das regelmäßige Trimmen und der Griff zum Rasierer immerhin noch ein Muss.

Gillette und Wilkinson haben einen Marktanteil von rund 90 Prozent

Der Vollbart klingt dagegen nach schwierigen Zeiten für die Hersteller von Rasierklingen. Die beiden dominierenden Marktführer sind die Firma Gillette, die 2005 von Procter & Gamble gekauft wurde, und der britische Konzern Wilkinson. Zusammen kommen beide auf einen geschätzten Marktanteil von rund 90 Prozent. Zu konkreten Absatzzahlen schweigen sie aber konsequent.

Das britische Marktforschungsinstitut Euromonitor berichtete im Dezember, dass Rasierer und Klingen im Jahr 2012 mit rund 40 Prozent der Umsätze das Herrenpflegegeschäft dominierten. Zwar seien laut Euromonitor die Umsätze im selben Jahr weltweit auch noch um acht Prozent gestiegen, doch würden sich die Wachstumsraten in Westeuropa und Nordamerika spürbar abschwächen. Grund sei vor allem der verstärkte Trend zum Bart.

Im Fokus stehen die gestylten Bärte

Der Klingenhersteller Wilkinson bestreitet einen negativen Einfluss des Bartes auf den Produktabsatz, wie Benjamin Altmüller, der bei dem britischen Konzern als Marketing Manager für den deutschsprachigen Raum zuständig ist, sagt. Doch ein Blick auf die Produktneuheiten zeigt, dass sich die Konzerne überschlagen in dem Bemühen, dem Trend zur Gesichtsbehaarung gerecht zu werden. Im Fokus stehen naturgemäß die gestylten Bärte. Wilkinson hat nach eigenen Angaben bereits 2009 als erste Marke ein Produkt mit integriertem elektrischen Barttrimmer auf den Markt gebracht.

„Die Zeiten, in denen ein Bart meist lebenslänglich war, sind vorbei“

Vier Jahre später reagierte die Firma Gillette, die in Berlin ein Werk für Rasierklingen hat. Auch hier hat man beobachtet: „Gerade die jüngere Zielgruppe zwischen 18 und 25 tendiert zu Vollbärten, aber auch zu gestylten Bärten und Schnurrbärten“, sagt eine Sprecherin der Mutterfirma Procter & Gamble. Im vergangenen Jahr hat Gillette ein entsprechendes Produkt auf den Markt gebracht, das drei Funktionen miteinander kombiniert: trimmen, rasieren und stylen. Ebenfalls erst 2013 startete der Trockenrasierer-Hersteller Philips mit dem nach eigenen Angaben weltweit ersten Bartschneider mit Laser-Technologie – angepriesen als Werkzeug „zur Verwandlung von Bärten in haarige Kunstwerke“.

Die Konkurrenz aus dem Netz wächst

Allergisch reagieren die etablierten Rasiererhersteller auf die wachsende Konkurrenz von Online-Versendern, die die Klingen im Netz bis zu 60 Prozent billiger anbieten. Noch ist deren Marktanteil gering, doch werden sie mit Abmahnungen und rechtsanwaltlichen Schreiben kontaktiert, wie Shave-Lab-Geschäftsführer Christopher von Hallwyl berichtet. Das Münchener Start-up ging Ende 2011 online, ein Jahr später folgte das Berliner Start-up Morning Glory. Die Umsätze von Shave Lab sind von 2012 auf 2013 um fast 400 Prozent gewachsen, wie von Hallwyl berichtet. Auch ein integrierter Barttrimmer befindet sich im Programm, doch sieht von Hallwyl den Trend zum Vollbart eher wieder abflauen.

Creative Director Kaiser ist dagegen, was die weitere Entwicklung angeht, vorsichtiger. Er habe zwar schon vor einem halben Jahr ausgerufen, dass der Höhepunkt dieser Modewelle überschritten sei. In der Praxis könne er aber feststellen, dass ein Ende des Vollbarttrends noch nicht absehbar sei. Doch einen Trost gibt es für die Rasiererhersteller. „Die Zeiten, in denen ein Bart meist lebenslänglich war, sind vorbei“, weiß Kaiser. „Heute wechseln die Männer ihr Aussehen immer häufiger – mal Vollbart, mal glattrasiert, mal Dreitagebart.“

Jetzt werden andere Körperteile rasiert

Und außerdem gibt es ja nicht nur das Gesicht. Denn es nehme auch der Trend zur Körperrasur bei Männern zwischen 18 und 25 zu, wie die Gillette-Sprecherin anmerkt. Wie die „Financial Times“ berichtet, hat Procter & Gamble bereits die Marke „Gillette Body“ eintragen lassen und ein Patent für einen Körperrasierer angemeldet. Und auch Wilkinson-Manager Altmüller konstatiert: „Der größte Teil der männlichen Bevölkerung greift nach wie vor regelmäßig zum Rasierer – nicht nur für die Rasur des Gesichts, sondern auch anderer Körperstellen.“ Belegt wird dies durch eine repräsentative Umfrage der „Apotheken Umschau“. Demnach rasiert sich jeder Zweite der befragten männlichen Teilnehmer auch die Achseln und mehr als ein Viertel den Intimbereich. Na, dann können die Zeiten ja ruhig haarig bleiben.

Claudia Cohnen-Beck

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