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Wirtschaft: Vom Hotel an die Universität

Jasmin Beshir ist Diversity-Stipendiatin des Tagesspiegels. Ab Januar besucht die 30-Jährige die ESMT in Berlin.

Von Carla Neuhaus

Berlin - „Ihr fallt durch euren Namen und euer Aussehen auf – nutzt das und macht was draus.“ Das hat die Mutter Jasmin Beshir und ihren drei älteren Schwestern eingebleut. Beshir ist Halbsudanesin: Ihr Vater kommt aus dem Sudan, ihre Mutter ist Deutsche. Aufgewachsen ist sie in Hamburg, mit beiden Kulturen. „Zu Hause wurde mal arabisch, mal deutsch gekocht“, erinnert sie sich. Als Beshir 13 wurde, überließen die Eltern es ihr, ob sie die Religion des islamischen Vaters oder die der evangelischen Mutter annehmen wollte, und sie entschied sich für die Konfirmation.

Beshir ist eine von gut 40 jungen Berufstätigen, die im Januar ihren Job gegen einen Studienplatz an der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin tauschen werden. Ein Jahr wird die 30-Jährige dann an der privaten Hochschule im Rahmen des englischsprachigen Vollzeit-MBA-Programms (Master of Business Administration) zur Führungskraft von morgen ausgebildet. Ermöglicht wird ihr das durch das Tagesspiegel Diversity Scholarship. Dieses Stipendium in Höhe von 38 000 Euro, das der Tagesspiegel zusammen mit der ESMT vergibt, soll einen Beitrag dazu leisten, die Ausbildung von Führungskräften mit Migrationshintergrund zu fördern. Denn sie sind in vielen Unternehmen noch immer unterrepräsentiert. Dabei zeigen Studien, dass Firmen davon profitieren, wenn ihre Mitarbeiter unterschiedliche kulturelle Hintergründe mitbringen.

Erst kürzlich kritisierte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), auf der Tagesspiegel-Tagung „DIVERSITY 2012“, gut 70 Prozent der deutschen Firmen hätten noch gar keine explizite Diversity-Strategie. Und die, die eine hätten, würden sich bislang nur auf das Thema Frauenförderung konzentrieren. Dabei sei Vielfalt und damit auch die Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund für deutsche Firmen mittlerweile „ein Standortfaktor“.

Bis sie im Januar als Masterstudentin an die private Hochschule wechselt, arbeitet Jasmin Beshir noch als Revenue-Managerin im Ritz Carlton am Potsdamer Platz. Für drei Berliner Hotels der Kette Marriott, zu der auch das Ritz gehört, plant sie, wann für welches Zimmer welcher Preis verlangt wird – auf diese Weise sollen die Häuser möglichst gut ausgelastet werden. „Ich habe Spaß am strategischen Denken und ich kommuniziere gerne“, sagt die 30-Jährige. Beides sei für ihren derzeitigen Job sehr wichtig. Außerdem möge sie die besondere Atmosphäre im Hotel. Es lebe einfach „rund um die Uhr“.

Aus dem Grund hat Beshir sich nach dem Abitur für eine Ausbildung zur Hotelfachfrau entschieden, später an der Fachhochschule Bad Honnef Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Hotelmanagement studiert. Obwohl sie bereits einen Bachelor- und einen Diplomabschluss in der Tasche hat, kehrt sie jetzt erneut zurück zur Universität. Am Masterstudium reize sie vor allem, dass es auch einen Einblick in andere Wirtschaftszweige biete. An der ESMT erlernt sie Managementgrundlagen und bekommt ein spezielles Führungskräftetraining, „Taking the Lead“ genannt. Pläne für die Zeit nach dem Masterstudium hat Beshir noch nicht – möglicherweise will sie auch in die Hotelbranche zurückkehren. Mit ihrem Namen wird Beshir an der ESMT kaum auffallen. In der Regel stammen 90 Prozent der Studenten, die einen der begehrten Plätze bekommen, um im Berliner MBA-Programm ihre Führungsqualitäten zu schulen, aus dem Ausland. Unter den 41 Studenten des aktuellen Jahrgangs sind allein 24 Nationen vertreten, sie kommen zum Beispiel aus Nepal, Simbabwe und Südkorea. Carla Neuhaus

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