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Wirtschaft: Vom Kaufmann zum Paten

Klaus von der Heyde gibt sein Ehrenamt als Präsident der Berliner Kaufleute und Industrieller auf

Mit 70 Jahren freut sich Klaus von der Heyde auf die Freiheit. Die Freiheit, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, die Freiheit zu reisen, die Freiheit, endlich selber Lesepate zu werden. Nach zwölf Jahren im Ehrenamt als Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) klingt Letzteres wie ein bescheidener Wunsch.

Mit dem VBKI-Lesepatenprojekt, das er 2005 gestartet hat und das nach sechs Jahren bereits 2000 Teilnehmer zählt, die immerhin 40 000 Schüler erreichen, hat er seine Managerqualitäten zugunsten des sozialen Klimas in der Stadt bereits mit höchster Effizienz eingesetzt. Bürgerschaftliches Engagement steht festgeschrieben in den Statuten des ehrwürdigen VBKI, der 1879 gegründet wurde und zu den ältesten Institutionen in der Stadt gehört, und ist ihm auch ein persönliches Anliegen. Aber auch der Ausbau des Vereins, in dessen vielen Ausschüssen zum Beispiel zu Themen wie Bildung, Ethik oder Außenpolitik gearbeitet wird, hat ihm viel bedeutet.

Als er anfing, zählte der Verein 800 Mitglieder, heute sind es 1400. Das Durchschnittsalter sank seither von 62 auf 52 Jahre. Das ist wesentlich auch den Firmenmitgliedschaften zu verdanken, die er vor einigen Jahren einführte. Seitdem sind 140 Unternehmen dazugekommen, die neben gestandenen Mitarbeitern zusätzlich jeweils einen Junior für die Mitgliedschaft benennen dürfen.

Menschen zusammenzuführen, die zum Wohl der Stadt gemeinsam etwas miteinander bewegen, das hat ihm immer Spaß gemacht. In den letzten Jahren hat er immerhin jeweils die Hälfte des Monats für sein großes Ehrenamt geopfert.

Das Lesepatenprojekt speist sich zwar aus dem freiwilligen Engagement vieler Berliner. Aber damit es so gut funktioniert und so rasch so groß werden konnte, musste es auf professionelle Füße gestellt werden. Das bedeutete vor allem auch, Geld aufzutreiben. „Berlin ist nun mal arm“, sagt er. „Hier muss man wirklich den Acker bearbeiten und durch alle Furchen laufen, um das Geld zusammenzubekommen.“ Er war froh, starke Mitstreiter zu finden wie den Dienstleistungsunternehmer Werner Gegenbauer.

Der gebürtige Berliner fühlt sich selber als Migrant, obwohl er einer alten Bremer Kaufmannsfamilie entstammt, deren Kinder sich in alle Welt verstreuten. „Wenn die Elterngeneration im Ausland geboren wurde, ist man doch Migrant“, sagt er und lacht. Die Mutter wurde in Chicago geboren, daher rührt vielleicht seine Liebe zu den USA, der Vater in Hongkong. Auch das ist ein Reiseziel für die nächste Zeit.

Der Jurist und Bankkaufmann ist nach seinen Stationen bei der Commerzbank, der Berliner Bank und in der Musical-Welt der DEAG in den letzten Jahren wieder als Anwalt tätig gewesen. Das hat ihm die Freiheit gelassen, so viel Zeit in den VBKI zu stecken. Die Geschäftsstelle ist ihm darüber zur zweiten Familie geworden. Mit seiner Frau wohnt er am Schlachtensee. Die beiden Töchter begleiten ihn schon mal zu Bällen.

Den VBKI-Ball, der auf eine über 60-jährige Tradition zurückschaut, hat er kräftig entstaubt und zu einem wichtigen gesellschaftlichen Ereignis ausgebaut. Der Umzug vom Palais am Funkturm ins Interconti, die Einführung eines All-Inclusive-Prinzips und vor allem der Verzicht auf bunte Pseudoprominenz waren wegweisende Entscheidungen, die dazu beigetragen haben. So konnte er nicht nur die Zahl der nichtzahlenden Ehrengäste reduzieren. Die Teilnehmerzahl insgesamt hat sich seitdem mehr als verdoppelt von 1200 auf 3000. Auch in dem Zusammenhang hat er einen Traum, der bescheiden anmutet: Nun, da er nicht mehr Präsident ist, muss er nicht mehr der Ehrentafel im Saal vorsitzen, sondern kann beim eigenen Ball auch mal mit den flanierenden Töchtern unterwegs sein. Das sind die kleinen Belohnungen. Zusätzlich hat er nun das Bundesverdienstkreuz vom Regierenden Bürgermeister überreicht bekommen und am kommenden Dienstag richtet das VBKI-Präsidium für ihn eine Abschiedsparty im Ludwig-Erhard-Haus aus. Anstelle von Geschenken wünscht er sich Spenden an das Bürgernetzwerk Bildung. Der Abschied vom Amt bedeutet für ihn keinesfalls auch den Abschied vom Engagement, sagt er.

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