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Wirtschaft: Vor der Abstimmung im Europäischen Parlament sind sich die Gegner der Richtlinie über Änderungen uneinig

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte - in diesem Fall ist es der EU-Ministerrat. Sollten Sozialdemokraten und Christdemokraten im Europäischen Parlament sich nicht doch noch am Donnerstag in letzter Minute vor der Abstimmung über die EU-Altautorichtlinie auf einen Änderungsantrag einigen, dann bleibt es ohne Abstriche bei der - von der Industrie heftig bekämpften - EU-Altautorichtlinie, die der Ministerrat schon im Juli vergangenen Jahres verabschiedet hatte.

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte - in diesem Fall ist es der EU-Ministerrat. Sollten Sozialdemokraten und Christdemokraten im Europäischen Parlament sich nicht doch noch am Donnerstag in letzter Minute vor der Abstimmung über die EU-Altautorichtlinie auf einen Änderungsantrag einigen, dann bleibt es ohne Abstriche bei der - von der Industrie heftig bekämpften - EU-Altautorichtlinie, die der Ministerrat schon im Juli vergangenen Jahres verabschiedet hatte. Damals waren die Deutschen nach einem denkwürdigen Auftritt des grünen Umweltministers Jürgen Trittin im Ministerrat 14 zu 1 überstimmt worden - sehr zum Ärger Gerhard Schröders und der deutschen Automobilindustrie.

An der eigenartig schizophrenen Konstellation hat sich bisher nichts verändert: Ausgerechnet eine rot-grüne Regierung will ein europäisches Gesetz verhindern, das von den Grünen als Schritt zu einer vernünftigen Abfallpolitik gefeiert wird. Der Schauplatz der Politposse hat sich in den vergangenen Wochen lediglich ins Europäische Parlament verlagert. Dort haben sich sowohl deutsche Sozialdemokraten als auch deutsche Christdemokraten das Ziel gesetzt, die vom Rat verabschiedete Richtlinie zu entschärfen und Kosten von der deutschen Automobilindustrie abzuwenden. "Wenn sich die deutsche Koalition im Europaparlament durchsetzt, wäre das der erste Fall, in dem das Europaparlament weniger grün wäre als der Ministerrat der Regierungen", meinte der niederländische Grüne Alexander de Roo am Mittwoch in Brüssel.

Tatsächlich kommt die vom EU-Ministerrat verabschiedete Altauto-Richtlinie den Vorstellungen der Umweltschützer weit entgegen. Sie sieht nämlich vor, dass mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie im Jahr 2001 Neuautos auf Kosten der Hersteller entsorgt werden. Altautos mit älterer Zulassung dagegen erst von 2006 an.

Als Sieg des Umweltschutzes werten die Grünen auch die in der EU-Richtlinie festgeschriebenen Regeln für die Verwertung. Spätestens vom 1. Januar 2005 an müssen die Altautos zu 85 Prozent wiederverwendet oder verwertet werden. Bei fünf Prozent allerdings ist lediglich die "Verwertung" festgeschrieben. Bis 2015 soll dann die Wiederverwendung und Verwertung der Altautos auf 95 Prozent steigen.

Was die Umweltschützer im vergangenen Juli jubeln ließ, löste bei den Autoherstellern - vor allem den deutschen - Protest aus. 46 Prozent der Altautos auf Europas Straßen stammen aus deutschen Autoschmieden. Die notwendigen Rückstellungen in Milliardenhöhe würden, so klagen die deutschen Hersteller, den Wettbewerb zugunsten der außereuropäischen Konkurrenz verzerren. Um dies zu verhindern, setzten ihre Lobbyisten in den vergangenen Monaten bei den Europaparlamentariern massiv den Hebel an. Denn das EU-Parlament kann die Altauto-Richtlinie durch Änderungsanträge noch verändern und "industriefreundlicher" gestalten - sofern es sich einig ist.

Doch das ist wenige Stunden vor der Abstimmung keineswegs der Fall. Der Wortführer der Christdemokraten, Karl-Heinz Florenz, schlägt vor, für die Kosten der Entsorgung alle "Wirtschaftsbeteiligten und Halter" in die Verantwortung zu nehmen. Sein parlamentarischer Widerpart, der SPD-Altautoexperte Bernd Lange aus dem VW-Land Niedersachsen, will dagegen weiter daran festhalten, dass der Letztbesitzer sein Schrottauto kostenfrei und umweltfreundlich entsorgen kann. Während Lange bei den Neufahrzeugen wie vorgesehen die Hersteller zur Kasse bitten will, schlägt er bei den Altfahrzeugen, die schon auf Europas Straßen fahren, das schon in den Niederlanden praktizierte System vor: Die Entsorgung wird aus einem Fonds finanziert, in den jeder Käufer eines Neuwagens einen bestimmten Obulus entrichtet. Doch nur wenn das Europäische Parlament am Donnerstag mit qualifizerter Mehrheit einem gemeinsamen Änderungsantrag zustimmt, kann der Vermittlungsausschuss angerufen werden - und das Tauziehen um die EU-Altautorichtline weitergehen.

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