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Wirtschaft: Vorläufige Entwarnung

Von Dieter Fockenbrock Seien wir ehrlich: Wir sind schon erleichtert, wenn es zur Zeit nicht so dicke kommt wie befürchtet. In Hennigsdorf beispielsweise.

Von Dieter Fockenbrock

Seien wir ehrlich: Wir sind schon erleichtert, wenn es zur Zeit nicht so dicke kommt wie befürchtet. In Hennigsdorf beispielsweise. Der Lok- und Waggonbauer Bombardier will weniger als 500 Arbeitsplätze in seinem größten Werk streichen. Noch vor einem Jahr ging das Gerücht um, die gesamte Fertigung von Loks und Triebwagen solle eingestellt werden. Dann wären 1500 Arbeitsplätze bedroht gewesen. Die Zitterpartie hat jetzt ein Ende – aber nur ein vorläufiges.

Denn der Umbau des weltgrößten Schienenfahrzeugbauers in Deutschland ist noch lange nicht abgeschlossen. 9300 Menschen arbeiten in elf Fabriken aus ehemals drei verschiedenen Schienenfahrzeugkonzernen, was die Konkurrenz immer wieder zu hämischen Kommentaren veranlasst, die Kanadier seien vor allem mit sich selbst beschäftigt. Doch Spott und Hohn sind nicht angebracht. Den Wettbewerbern geht es wirtschaftlich zumeist nicht besser.

Denn die letzten Jahre waren alles andere als rosig. Eisenbahnbetreiber und Nahverkehrsbetriebe haben zwar modernisiert, was das Zeug hält. Aber zu welchen Preisen? Der Konkurrenzkampf ist heute gnadenlos. Erst zehn Jahre ist es her, dass die Hersteller von Schienenfahrzeugen echten Wettbewerb kennen gelernt haben. Zuvor war alles fein quotiert, mit der alten Bundesbahn gab es ohnehin nur einen Hauptauftraggeber. Das ist jetzt völlig anders. Private Bahnbetreiber tummeln sich auf den Strecken, die EU zwingt zur Ausschreibung und damit zu transparenter Auftragsvergabe. Hinzu kam: Mit dem Ende der DDR hatten sich die Produktionskapazitäten der Bahnindustrie verdoppelt, die Nachfrage aber nicht.

Bombardier wollte mit Macht in den deutschen Markt und war bereit, dafür einen strategischen Preis zu zahlen. Die Kanadier haben die gesamte ostdeutsche Schienenfahrzeugindustrie aufgekauft. Viele Werke gab es damit praktisch doppelt im neuen Konzernverbund. Von den riesigen Kapazitäten ganz zu schweigen. Jetzt wird abgespeckt. Und das letzte Wort ist am Standort Hennigsdorf noch nicht gesprochen.

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