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Wirtschaft: Vorliebe für Freizeit

Paris hat einige der großartigsten Museen der Welt, aber tatsächlich hineinzukommen ist heutzutage ein Privileg. Nein, um eingelassen zu werden, muss man weder seine Vermögensverhältnisse offen legen noch adlig sein.

Paris hat einige der großartigsten Museen der Welt, aber tatsächlich hineinzukommen ist heutzutage ein Privileg. Nein, um eingelassen zu werden, muss man weder seine Vermögensverhältnisse offen legen noch adlig sein. Es geht vielmehr um die Privilegien der Museumsangestellten. Frankreichs Museen werden von einer Serie gelegentlicher, kurzfristiger Streiks der Museumsbeschäftigten heimgesucht. Es geht den Beschäftigten scheinbar gegen den Strich, dass sie nichts Besonderes mehr sind, wenn im nächsten Jahr das Gesetz zur Einführung der 35-Stunden-Woche voll in Kraft tritt.

Schon lange genießen die Museumsangestellten das Privileg einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden, während das restliche Frankreich unter der 39-Stunden-Woche leidet. Aber statt sich zu freuen, dass ihre Mitbürger ihnen bald ins gelobte Land der 35-Stunden-Woche folgen, sind die Museumsangestellten sauer. Es geht ihnen offenbar weniger darum, nur eine bestimmte Stundenzahl zu arbeiten, sondern vielmehr darum, weniger als alle anderen zu tun. Kurz gesagt: Sie wollen dem Gros der Beschäftigten etwas voraus haben.

In einer anderen Gesellschaft würde dieser Ehrgeiz die Menschen anspornen, ein bisschen mehr oder sogar ein bisschen länger zu arbeiten, um der Erste im Block zu sei, der einen Farbfernseher oder ein Landhaus hat. Aber wenn man die Hälfte (oder mehr) jedes Francs, den man verdient, herausrücken muss, erscheinen der neue Fernseher oder das Ferienhaus weniger attraktiv. Also verwendet man seine Energie darauf, dadurch entschädigt zu werden, dass man zum Beispiel sicherstellt, weniger als alle anderen zu arbeiten. Bei einer hohen Steuerbelastung tut sich keiner den Stress an, mehr zu arbeiten als er muss. In der Folge sinken die Steuereinnahmen, weil die Menschen ihre Prioritäten neu ordnen. Dieser Umstand hat mehr mit der Vorliebe für weniger Arbeit und mehr Freizeit zu tun, als zugegeben wird. Also: Den anderen etwas voraus zu haben, kann heute bedeuten, weniger als andere zu arbeiten. Wir werfen das den Pariser Museumsangestellten nicht vor. Wenn wir dem Staat 50 Centimes für jeden zusätzlich verdienten Franc zahlen müssten, dann würden wir auch unsere Zeit besser nutzen.

Aus dem Wall Street Journal[übersetzt], ge

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