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Gefesselt - das Smartphone als Verbindung in die Freiheit wird zunehmend eingeschränkt.

© imago images / Panthermedia

VPN-Zugänge nicht mehr sicher: Wie Peking Hongkongs Tunnel in die Freiheit abschneidet

Das chinesische Sicherheitsgesetz beschränkt die Online-Freiheit Hongkongs. Internationale Anbieter stellen deshalb ihre Server ab.

Die Reaktion kam unerwartet schnell, aber konsequent. Der VPN-Anbieter TunnelBear aus Toronto kündigte als einer der ersten an, seine Server in Hongkong abzuschalten und künftig den Datenverkehr nicht mehr in die chinesische Sonderverwaltungszone weiterzuleiten, um seine Nutzer zu schützen. Auch der US-Anbieter IPVanish teilte in einem Blogbeitrag mit, dass er seine VPN-Server in Hongkong außer Betrieb genommen und den Betrieb dort eingestellt habe, um „die Freiheiten der Benutzer in Hongkong“ zu schützen.

„Das neue Gesetz stellt auch die Region, die einst eine Hochburg der Online-Freiheit war, hinter die gleichen strengen Internet-Beschränkungen, die für das chinesische Festland gelten“, heißt es von IPVanish. „Mit dieser Gesetzesänderung müssen wir leider Hongkong und China als eine Einheit betrachten.“

Diese Entscheidungen kommen als Reaktion auf das sogenannte Sicherheitsgesetz, das Peking zum 30. Juni in Hongkong eingeführt hatte. Technologieunternehmen sind laut Artikel 43 verpflichtet, den Behörden des neuen Sicherheitsbüros in Hongkong Zugang zu ihren Daten zu ermöglichen und gezwungen, bei der Entschlüsselung der Identität der Nutzer zu helfen, sowie unerwünschte Beiträge auf Anweisung der Behörden zu zensieren.

Hongkong kein sicherer Standort mehr

Auch eine Reihe anderer VPN-Anbieter zogen nach und kündigten an, ihre Server in Hongkong abzuschalten. Denn das Sicherheitsgesetz entzieht ihnen sozusagen die Geschäftsgrundlage. Virtual Private Networks verschlüsseln den Datenverkehr zwischen dem Nutzer und dem Empfänger, leiten den Datenverkehr aber über öffentliche Netze. Das funktioniert nur, wenn der VPN-Anbieter die Identität des Nutzers kennt und diese schützt. Genau das hebelt das neue Gesetz aus.

In der Vergangenheit bot die Hafenmetropole Hongkong internationalen Unternehmen durch das eigene Rechtssystem ein vertrauenswürdiges Umfeld, in dem Internetverbindungen zuverlässig waren und schnelles Wachstum möglich schien.

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Die einstige britische Kronkolonie wurde aufgrund ihrer strategischen Lage in Asien daher von vielen VPN-Betreibern als Standort für ihre Server genutzt. Gerade auch wegen der Nähe zum chinesischen Festland, wo durch die Great Firewall viele internationale Webseiten blockiert sind. So konnten sie die Nachfrage von Nutzern aus China sehr gut bedienen, die ihre Internetaktivitäten vor den Behörden verbergen wollen oder auf Webseiten zugreifen möchten, die die chinesischen Behörden zensieren.

Einige VPN-Betreiber warten noch

Solche Verhältnisse fürchten nun auch die Hongkonger. Nur einen Tag vor dem Inkrafttreten des Sicherheitsgesetzes sprang die Suche nach VPN-Anbietern in Hongkong im Vergleich zum Rest des Monats Juni um 320 Prozent nach oben, so Top10VPN, ein britisches Marktforschungsunternehmen, das das weltweite VPN-Nutzerverhalten verfolgt.

„Die Kriminalisierung der Sezession“ und „Subversion der Staatsmacht“ hat viele zu der Annahme geführt, „dass Online-Äußerungen Anlass zu einer Verhaftung sein könnten“, sagte Samuel Woodhams, ein Forscher bei TOP10VPN. „Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die strenge digitale Zensur und ständige Überwachung des Festlandes auch in Hongkong zu spüren ist.“ Einige VPN- Betreiber warten noch ab, wie das Gesetz in der Realität umgesetzt werden wird.

Dem „Wall Street Journal“ sagte der Schweizer Anbieter ProtonVPN, dass die Nutzernachfrage aus Hongkong Ende Mai schon um mehr als 3000 Prozent gestiegen war. Surf shark, ein VPN-Anbieter mit Sitz auf den britischen Jungferninseln, verzeichnete seit Inkrafttreten des neuen Sicherheitsgesetzes einen Umsatzzuwachs von 400 Prozent in Hongkong. Surfshark, ProtonVPN, oder der bekannte Anbieter NordVPN, haben keine Absichten Hongkong den Rücken zu kehren.

Dennoch: Dass Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam auf die Frage, was geschähe, wenn ausländische Technologiefirmen sich weigerten, ihre Daten mit Behörden zu teilen, bekräftigte, das Gesetz durchsetzen zu wollen, ist Antwort genug. „Internetdienstanbieter und andere Organisationen werden möglicherweise aufgefordert, Informationen oder Nachrichten online zu entfernen. Diese Macht besteht“, sagte Lam.

Ning Wang

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