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VW: Allianz gegen Porsche

Niedersachsen und der VW-Betriebsrat wollen den Großaktionär mit allen Mitteln am Durchgriff hindern. Experten rechnen allerdings nicht mit einer schnellen Einigung.

Stuttgart/Düsseldorf - Der Widerstand gegen Pläne von Großaktionär Porsche, seinen Einfluss bei Volkswagen zu vergrößern, formiert sich. Betriebsrat und IG Metall haben Proteste zur Hauptversammlung am kommenden Donnerstag in Hamburg angekündigt. „Die Woche wird sehr interessant werden“, sagte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh dem „Handelsblatt“. „Wir sind keine Krawallmacher, aber wir werden unsere Rechte vehement verteidigen.“

Der Betriebsrat will das Land Niedersachsen vehement bei dem Vorhaben unterstützen, die in der VW-Satzung festgeschriebene Sperrminorität von 20 Prozent auch nach dem Fall des VW-Gesetzes gegen Porsche zu verteidigen. Kommt es in der Sitzung des VW-Aufsichtsrates am Mittwoch nicht zu einer kurzfristigen Einigung, dürfte der Streit weit über die Hauptversammlung hinaus weitergehen, prognostizieren Beteiligte und Juristen.

In einem Antrag zur Änderung der Satzung dringt Porsche darauf, das Vetorecht auf die aktienrechtlich üblichen 25 Prozent der Stimmen anzuheben. In einem Gegenantrag verlangt Niedersachsen ein Beibehalten des Status Quo. „Ich bin sicher, dass viele kleinere Aktionäre dem Land folgen werden“, sagte Osterloh. „Es ist absolut undurchsichtig, was Porsche vorhat.“ Experten rechnen nicht mit einer schnellen Einigung. „Die Hauptversammlung wird kaum das erwartete Finale bringen, beide Parteien haben sich eingegraben und werden versuchen, ihre Positionen auf dem Rechtsweg durchzusetzen“, sagt Albrecht Denninghoff von der BHF Bank. Selbst Spitzenjuristen vertreten im Konflikt um das Vetorecht des Landes gegensätzliche Positionen.

Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) weite Teile des VW-Gesetzes kassiert hatte – es gestand Land und Betriebsrat Sonderrechte zu – gab der VW- Aufsichtsrat ein Gutachten bei der Kanzlei Linklaters in Auftrag. Danach ist die Sperrminorität von 20 Prozent weiter rechtens. Das Aktienrecht lasse Ausnahmen von der 25-Prozent-Regel zu. Pikant: Linklaters gilt als Hauskanzlei von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, der zugleich Teilhaber von Porsche ist.

Porsches Gegenposition wird von der Kanzlei Freshfields, Bruckhaus, Deringer vertreten. „Die EU-Kommission wendet sich gegen die staatliche Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Da das VW- Gesetz und die Satzung des Unternehmens in ihrer Entstehung unmittelbar zusammenhängen, schlägt das Europarecht auf die VW-Satzung durch. Deshalb ist auch die Satzung in den entsprechenden Punkten europarechtswidrig“, sagte Freshfields-Anwalt Thomas Bücker dem „Handelsblatt“. „Nach unserer Auffassung dürfte Niedersachsen nicht gegen den Antrag von Porsche stimmen, weil das Land als Hoheitsträger zur Beachtung der EU-Vorgaben verpflichtet ist.“ Scheitert Porsche am Vetorecht Niedersachsens, müsste das Unternehmen beim Landgericht Braunschweig den Beschluss anfechten. Das Landgericht dürfte die Sache erneut dem EuGH vorlegen.

Die Arbeitnehmerseite rechnet voll mit der Hilfe des Landes. Mittels einer Allianz aus nahe stehenden Banken und Unternehmen könnte Niedersachsen sich bei Bedarf den Zugriff auf die zusätzlich benötigten 4,9 Prozent der Stammaktien sichern, heißt es in Gewerkschaftskreisen. Dafür wären gut drei Milliarden Euro nötig. „Wenn Wulff die Position des Landes langfristig sichern will, dann sollten er oder befreundete Institutionen den Anteil auf die aktienrechtliche Sperrminorität erhöhen – 25 Prozent und eine Aktie“, sagt Autoanalyst Denninghoff.

M.-W. Buchenau, M. C. Schneider

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