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VW-Betriebsversammlung: Wulff und Piëch rufen "Wolfsburger Frieden" aus

Nach Skandalen und Machtkämpfen soll Ruhe einkehren in der Autostadt Wolfsburg. Dazu haben Niedersachsens Ministerpräsident Wulff und VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch Frieden geschlossen - mit einem perfekten Ergebnis für Porsche.

Wolfsburg - Die Inszenierung ist perfekt. Das Werksorchester spielt gerade mit Pauken und Trompeten die Fanfare aus "Also sprach Zarathustra" von Richard Strauss, als es zur mit Spannung erwarteten Begegnung der beiden Kontrahenten kommt. Auffallend herzlich begrüßen sich Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff und VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, sie lächeln in die Kameras. Von der Betriebsversammlung soll schließlich ein Signal ausgehen: Die Zeit der Grabenkämpfe bei Volkswagen ist vorbei, VW will sich wieder auf sein eigentliches Geschäft konzentrieren - den Bau und den Verkauf von Autos.

Das Verhältnis zwischen dem jungen CDU-Politiker und dem alten VW-Fahrensmann galt lange als angespannt. Der 69-Jährige Piëch habe Wulff (47) nicht besonders ernst genommen, heißt es in Wolfsburg. Wulff dagegen zog sich den Zorn Piëchs zu, als er offen gegen dessen Doppelrolle als VW-Aufsichtsratsboss und Porsche-Miteigentümer wetterte und die Grundsätze guter Unternehmensführung verletzt sah.

Im Hintergrund ging es um Macht und Einfluss der beiden VW-Großaktionäre Porsche und Niedersachsen - und am Ende setzte sich Piëch durch. Bei der Ablösung von Konzernchef Bernd Pischetsrieder im Herbst 2006 im Verbund mit dem Betriebsrat etwa zeigte Piëch, dass er die VW-Machtklaviatur besser beherrscht als Wulff. Dieser war gegen das Ende für Pischetsrieder und galt fortan als isoliert im Aufsichtsrat. Dazu kam die normative Kraft des Faktischen: Porsche hält inzwischen mit 27,4 Prozent deutlich mehr VW-Anteile als das Land Niedersachsen mit 20,8 Prozent.

Piëch bleibt Aufsichtsrat-Chef

In vielen Gesprächen in den vergangenen Wochen scheinen sich Wulff und Piëch nun zusammengerauft zu haben. Das Verhältnis der beiden habe sich wesentlich entspannt, heißt es. Der Machtkampf wurde beendet. Piëch bleibt Aufsichtsratschef, wird aber fortan als Porsche-Vertreter gezählt. Porsche hat damit künftig drei Aufsichtsratsmandate, das Land behält zwei.

In Halle 11 des riesigen Stammwerks in Wolfsburg vor 18.000 Beschäftigten ist Wulff bei seinem ersten Auftritt auf einer VW-Betriebsversammlung bemüht, den Blick nach vorne zu richten. Das Ende des Machtkampfes sei ein "beruhigendes Signal". VW sei auf einem guten Weg und habe sein Potenzial längst noch nicht ausgeschöpft. Einen Verkauf des Landesanteils an VW lehnt Wulff kategorisch ab: "Solange ich Ministerpräsident dieses Landes bin, steht Niedersachsen zu seiner VW-Beteiligung."

Belegschaft verunsichert

Viele Beschäftigte sind nämlich beunruhigt, wohin die Reise geht nach dem wahrscheinlichen Aus für das VW-Gesetz, das feindliche Übernahmen verhindert. "Wir wissen nicht, was kommt", sagt ein VW-Arbeiter. Und ein Kollege meint: "Die Stimmung ist gedrückt."

Wulff versucht, der Belegschaft diese Verunsicherung zu nehmen: "Das VW-Gesetz ist in seiner Bedeutung überschätzt worden und ist in seiner Bedeutung nicht mehr so bedeutend, weil wir die Regelungen in der Satzung haben und weil wir Porsche als verlässlichen Aktionär bei Volkswagen haben. Die Menschen in Wolfsburg, in Braunschweig, Hannover, Salzgitter oder Emden müssen sich keine Sorgen machen." Das Land könne mit seinem Anteil faktisch auch künftig auf jeder Hauptversammlung etwa eine Zerschlagung des Konzerns verhindern.

Seitenhiebe auf Piëch

Dann aber reißen doch noch einmal alte Wunden auf. Bei VW sei ihm manches zu technikverliebt, zu teuer, zu luxuriös gewesen, kritisiert Wulff - ein Seitenhieb auf Piëchs Zeit als Vorstandschef. "Ich selber war immer ein Anhänger der These: Volkswagen muss Volkswagen bauen."

Wulff räumt aber auch Fehler ein. Er spricht von dem Vergleich, den er Anfang 2006 mit Blick auf die VW-Schmiergeldaffäre gezogen hatte: "Herkules hat den Stall des Augias ausgemistet, indem er den Fluss durchgeleitet hat. Vielleicht sollte man in Wolfsburg den Mittellandkanal von oben in das VW-Verwaltungsgebäude einleiten." Für diese Sätze hatte Wulff bei VW ordentlich Prügel bezogen. Viele Beschäftigte hätten die Äußerungen noch negativ in Erinnerung, sagt Betriebsratschef Bernd Osterloh - dem Neuanfang bei VW stehen sie offensichtlich aber nicht mehr im Weg. (Von Andreas Hoenig, dpa)

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