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Wirtschaft: VW-Chef Piëch getarnt mit Hut und Sonnenbrille

BERLIN .Für Ferdinand Piëch kommt die Hautversammlung eigentlich einen Tag zu früh.

BERLIN .Für Ferdinand Piëch kommt die Hautversammlung eigentlich einen Tag zu früh.Wenn der VW-Vorstandsvorsitzende an diesem Donnerstag in Hamburg die Aktionäre über die laufenden Geschäfte informiert, kann er sich noch nicht als erfolgreicher Akquisiteur präsentieren.Erst am Freitag werden nämlich die Vickers-Aktionäre entscheiden, wer den Zuschlag für Rolls-Royce bekommt und ob sich VW gegenüber BMW und einem letzten "nationalen" Übernahme-Versuch von britischen Rolls-Royce-Freunden wird durchsetzen können.Für den Fall, daß VW doch noch ausgebremst wird, hat Piëch offenbar eine Alternative parat: Den Rückgriff auf die eigene Firmengeschichte, nämlich die Wiederbelebung der Nobelmarke Horch (siehe untenstehenden Kasten).Am Montag meldete die "Süddeutsche Zeitung", VW erwäge eine Produktion von Luxusautos unter der Marke Horch in Sachsen.

Sowohl in Sachsen als auch in Wolfsburg gingen die Beteiligten am Dienstag auf Tauchstation.Dabei schießen Spekulationen über VW-Limousinen aus Dresden seit Monaten ins Kraut.Dresdner Zeitungen berichteten immer wieder mal über "Geheimtreffen" im Rathaus, getarnt mit Sonnenbrille und Hut habe sich Piëch bereits mögliche Standorte für Produktion und Vertrieb angesehen.Den Gerüchten zufolge soll das Nobelauto in Mosel/Zwickau produziert werden, wo VW bereits die Modelle Golf und Passat montieren läßt.Verkauft werden könnten die 300 000-DM-Wagen dann in Dresden, wo entsprechende Präsentationseinrichtungen geschaffen werden müßten.Flächen im Alberthafen und Ostragehege kommen offenbar nach erster Augenscheinnahme durch Ferdinand Piëch in die engere Wahl.Doch das ist Zukunftsmusik.In Hamburg wird Piëch sich im Glanz der aktuellen Verkaufszahlen sonnen; gegenwärtig schieben die Wolfsburger einen Auftragsstand von einigen hunderttausend Fahrzeugen vor sich her.Abgesehen von den beinahe schon unzumutbar langen Lieferfristen werden die Aktionäre wenig Anlaß zum meckern haben.Vorstand und Aufsichtsrat schlagen der Hauptversammlung eine um drei DM auf zwölf (Stammaktien) und 13 (Vorzüge) DM erhöhte Ausschüttung vor; das ist die höchste Dividende in der Firmengeschichte.Ermöglicht wird die Rekordzahlung durch den ebenfalls auf Rekordniveau liegenden Abschluß des vergangenen Geschäftjahres.Der größte Autohersteller Europas erreichte 1997 einen Gewinn von 1,36 Mrd.DM.Dabei wurden sogar noch Bewertungsänderungen bei Abschreibungen vorgenommen.Wenn die Bewertungskriterien unverändert geblieben wären, hätte der Jahresüberschuß nach Unternehmensangaben mehr als 3,2 Mrd.DM betragen.

Rund 4,3 Mill.Fahrzeuge der Konzernmarken VW, Audi, Skoda und Seat wurden im vergangenen Jahr verkauft.In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres setzte sich der positive Trend mit plus 2,2 Prozent auf 1,06 Mill.Kfz fort.Allerdings gab es empfindliche Rückgänge in Südamerika (minus 25 Prozent), wo VW immerhin als Marktführer agiert, und in Asien (minus zehn Prozent).Nicht zuletzt über eine Erweiterung der Produktpalette nach oben und unten will der Konzern zur Jahrtausendwende mehr als sechs Mill.Einheiten jährlich absetzen.Dazu beitragen soll auch der Kleinwagen Lupo, der im Herbst auf den Markt kommt und bereits ab 17 500 DM zu haben sein wird.Schließlich bemühen sich die Wolfsburger seit langem um das Schließen der Lücke im Nutzfahrzeugbereich.Da VW selbst nur leichte Transporter produziert, wird ein Lkw-Hersteller gesucht.Erste Übernahme-Adresse ist Scania in Schweden, ein Spezialist für schwere Lastwagen.

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