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Wirtschaft: VW spart und spart und spart…

Konzern will mit neuen Modellen und Ex-Mercedes-Manager Bernhard die Wende schaffen – aber gibt keine Zielmarke vor

Wolfsburg - Der VW-Konzern setzt voll auf Sparen, um dem fast stagnierenden Autoabsatz entgegenwirken. „Der Blick in die nahe Zukunft lässt kein dynamisches Wachstum oder wesentliche Veränderungen der Rahmenbedingungen erwarten“, sagte Vorstandschef Bernd Pischetsrieder am Dienstag in Wolfsburg. Vor allem das Sparprogramm „ForMotion“ werde deshalb dazu beitragen, dass der Gewinn in diesem Jahr über dem des Vorjahres liegen werde. Um wie viel, hänge von nicht prognostizierbaren Umständen ab. „Wir wissen auch nicht, wie sich die Automobilmärkte weiterentwickeln“, sagte Pischetsrieder bei der Vorlage der Bilanz für 2004. In Deutschland werde sich „die wenig anschaffungsfreundliche Stimmung nicht ändern“, und die Rohstoffkosten und Benzinpreise blieben hoch.

Das vergangene Jahr hatte Europas größter Autohersteller mit einem operativen Gewinn von 1,6 Milliarden Euro nach Sondereinflüssen und damit auf Vorjahresniveau abgeschlossen. Da bereits 2004 im Rahmen von „ForMotion“ 1,6 Milliarden Euro wirksam wurden, wäre der VW-Konzern ohne das Sparprogramm ohne Gewinn geblieben – obwohl mehr als fünf Millionen Autos verkauft wurden und der Umsatz um 4,5 Prozent auf 89 Milliarden Euro stieg. Sowohl Pischetsrieder als auch Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch betonten ihre Unzufriedenheit mit dem Ergebnis und bekräftigten die Erwartung auf ein besseres Abscheiden in diesem Jahr. Vor allem auch deshalb, weil sich die Ertragslage bei der Marke VW „drastisch verbessert“.

Die Markengruppe VW, zu der neben VW auch Skoda, Bentley und Bugatti gehören, hatte 2004 einen Verlust von 44 Millionen Euro (Vorjahr: 486 Millionen Euro Gewinn) eingefahren. Das hing auch mit den Verkaufsschwierigkeiten des Golf V zusammen. In diesem Jahr sollen der neue Passat und der Kleinwagen Fox dem VW-Absatz Schwung bringen. Pischetsrieder kündigte die Vorstellung des knapp 10000 Euro teuren Fox auf der anstehenden Automesse in Leipzig an. Dort soll auch erstmals der neue, „sportliche“ Polo gezeigt werden. In der zweiten Jahreshälfte werde die Montage der Bentley-Limousine Flying Spur in der gläsernen Manufaktur in Dresden aufgenommen, die mit der Produktion des Oberklasse-VW Phaeton bei weitem nicht ausgelastet ist.

Pischetsrieder kündigte ferner an, der von Daimler-Chrysler zu VW gekommene Manager Wolfgang Bernhard werde die Leitung der Markengruppe VW „lange vor dem 1. Januar 2006 übernehmen“. Damit will Pischetsrieder, der bislang als Konzernchef auch für die Markengruppe VW zuständig war, Konzern- und Markenfunktionen „eindeutig trennen“. Bernhard werde „durch seine Dynamik, seine Ideen und seine Persönlichkeit das Unternehmen vorantreiben“, sagte Pischetsrieder. Der neue Hoffnungsträger in Wolfsburg hielt sich bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Wolfsburg zurück. Auf die Frage nach seinen Aufgaben und Plänen antwortete Bernhard, er sei erst gut vier Wochen im Unternehmen und könne deshalb noch „keine abschließende, fundierte Vorgehensweise vorlegen“.

Nach Angaben von Finanzvorstand Pötsch haben der starke Euro, der schwache Absatz sowie Preisnachlässe den Konzern in den vergangenen drei Jahren rund fünf Milliarden Euro gekostet. So führten das Wechselkursverhältnis des Euro zum Dollar und die Rabatte allein im vergangenen Jahr in Nordamerika zu einem Verlust von gut 900 Millionen Euro. Trotz des neuen Jetta, der im mexikanischen Puebla gebaut wird, rechnet VW auch im laufenden Jahr mit einem Minus in den USA. Neben der Markengruppe VW schrieb auch die Sparte Nutzfahrzeuge im vergangenen Jahr rote Zahlen. Dagegen kam die Markengruppe Audi – außer Audi gehören Seat und Lamborghini dazu – auf einen Gewinn von 1,2 Milliarden Euro (plus 100 Millionen), und die Finanzdienstleistungen inklusive dem Autovermieter Europcar steigerten den Profit um 30 Millionen auf 926 Millionen Euro. Unterm Strich blieb dem Wolfsburger Konzern im vergangenen Jahr ein Ergebnis nach Steuern von 716 Millionen Euro, das waren fast 300 Millionen weniger als 2003. Die Kapitalrendite sank von zwei auf 1,2 Prozent. Trotzdem will der Konzern eine unveränderte Dividende von 1,05 Euro je Stamm- und 1,11 Euro je Vorzugsaktie zahlen. Pischetsrieder begründete das mit dem „Produktportfolio“ und der „günstigeren Einschätzungen der kommenden Geschäftsjahre“. Eine konkrete Prognose über Absatz- und Ergebnisentwicklung wollte er aber nicht wagen.

Die Börse reagierte mit deutlichen Abschlägen. Fabian Kana, Analyst bei Helaba Trust, sagte dem Tagesspiegel, aus aktueller Sicht halte er an seiner Empfehlung fest, die VW-Aktie zu verkaufen. „Es dauert, bis die neuen Modelle Wirkung entfalten“, sagte er. Es sei aber nicht grundsätzlich negativ, dass VW weniger investieren wolle. „Andere Hersteller schaffen es auch, mit niedrigeren Investitionen attraktive Modelle zu entwickeln“, sagte Kana. Jetzt müsse VW „weniger Ressourcen effektiver einsetzen“.

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