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Wirtschaft: VW will sich von Töchtern trennen

Autovermieter Europcar und Berliner Softwarefirma Gedas stehen zum Verkauf/Zwischenbericht über die VW-Affäre

Berlin - VW will sich von zwei seiner größten Töchter trennen. Der Aufsichtsrat ermächtigte am Freitag den VW-Vorstand, für die Gedas AG und die Europcar International „alle Optionen von einem strategischen Ausbau bis zu einem Börsengang oder Verkauf zu prüfen“. VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch wurde in einer Presseerklärung mit den Worten zitiert, „diese Entscheidung steht im Zusammenhang mit dem Vorhaben des Konzernvorstands, alle Unternehmensaktivitäten einer Überprüfung zu unterziehen“. Die VW-Aktie, die bereits seit Tagen durch Kursgewinne auffällt, lag auch am Freitag mit plus 3,41 Prozent auf 51,86 Euro an der Spitze der 30 Dax-Werte.

Der VW-Aufsichtsrat befasste sich auf seiner Sitzung am Freitag auch erstmals mit der Volkswagen-Affäre. Die Beratungsgesellschaft KPMG, die im Auftrag des Unternehmens die Verstrickung ehemaliger leitender Mitarbeiter in Tarngeschäfte und Begünstigungen für Betriebsräte überprüft, legte dem Kontrollgremium einen ersten Zwischenbericht vor. Nach VW-Angaben hat KPMG bislang 750 Gigabyte Daten und umfangreiche Aktenbestände ausgewertet, das entspreche „85 Prozent der die Untersuchungskomplexe betreffenden Hinweise“.

Über vorläufige Ergebnisse der Untersuchungen wurde nichts bekannt. Voraussichtlich im November, die nächste Aufsichtsratsitzung ist für den 11.11. geplant, soll der KPMG-Abschlussbericht vorliegen. Im vergangenen Juni hatte VW zwei Personalmanager entlassen und Strafanzeige gegen sie gestellt, nachdem der Konzern „verdichtete Erkenntnisse über mögliche Unregelmäßigkeiten“ erhalten hatte. Mit einem Geflecht von Tarnfirmen wollten die beiden in aller Welt Geschäfte mit dem eigenen Konzern machen. Für die Zusage einer Autoproduktion in Indien sollen zwei Millionen Euro von den dortigen Behörden an einen der beiden Beschuldigten geflossen sein.

Über VW hinaus bekam die Affäre im Sommer Relevanz, als VW-Personalvorstand Peter Hartz vorgeworfen wurde, sich die Dienste einer Prostituierten vom Unternehmen bezahlt haben zu lassen. Hartz musste ebenso zurücktreten wie Betriebsratschef Klaus Volkert, der an verschiedensten Luxus- und Lustreisen teilgenommen hatte.

VW-Finanzvorstand Pötsch bekräftigte am Freitag die Ergebnisprognose für das laufende Jahr. Der Gewinn vor Steuern werde über dem Niveau des Vorjahres (1,1 Milliarden Euro) liegen. Und zwar unabhängig davon, ob und zu welchem Preis Gedas und Europcar veräußert werden könnten. Albrecht Denninghoff, Autoanalyst bei der Hypo-Vereinsbank, schätzt den Wert von Gedas zwischen 200 und 300 Millionen Euro und Europcar bei etwa 800 Millionen Euro. Vor allem bei Gedas sei das „Margenniveau“ schlecht und auch der Gewinn von Europcar sei im Vergleich zum Wettbewerber Hertz eher mäßig. Die Ford-Tochter Hertz hatte zuletzt bei einem Umsatz von 6,7 Milliarden Dollar einen Nettogewinn von 365 Millionen Dollar erzielt, Europcar kam bei 1,17 Milliarden Euro Umsatz auf einen Nettogewinn von 53,4 Millionen Euro.

Vermutlich hat der Verkaufserlös, den Ford für Hertz erzielte, nun den Ausschlag gegeben für die Verkaufspläne in Wolfsburg. Ein Konsortium von Finanzinvestoren zahlte kürzlich 5,6 Milliarden Dollar in bar an Ford und übernahm ferner 9,4 Milliarden Dollar Schulden. Denninghoff bezeichnete diesen Verkaufserlös als „Mondpreis“. Europcar, 1927 in Hamburg gegründet, gehört seit 1970 zu Volkswagen. Der Autovermieter hat eine Flotte von rund 220000 Fahrzeugen an 2650 Stationen in 118 Ländern.

Unterdessen zeichnet sich für VW in den USA eine leichte Absatzverbesserung ab. „2005 ist ein hartes Jahr“, erklärte der amerikanische VW-Verkaufschef David Wicks. Doch seit dem Tief im Mai seien die Verkäufe von Monat zu Monat besser geworden. „Wir rechnen mit einem Absatz von 250000 Autos gegenüber 255000 Stück im vergangenen Jahr“, erklärte Wicks in einem dpa-Gespräch am Rande der Vorstellung des neuen Passat in Boston. VW hatte in den ersten acht Monaten dieses Jahres einen weiteren Absatzrückgang von 19,1 Prozent auf nur noch 141000 Autos verbucht, nachdem es bereits im Jahr zuvor um 15 Prozent nach unten gegangen war. Vor allem wegen des starken Dollars hatte VW 2004 rund eine Milliarde Euro Verlust in den USA gemacht.

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