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Wirtschaft: Wachstum am Arbeitsmarkt vorbei

So viele Arbeitslose wie zuletzt 1998/Wirtschaftsminister Clement hofft auf vier Millionen Arbeitslose im Herbst

Berlin (Tsp). Die noch immer schlappe Konjunktur, das kalte Wetter und weniger Maßnahmen der Arbeitsförderung haben den Arbeitsmarkt im Februar bestimmt. Zuletzt waren mit 4,641 Millionen Personen 43600 mehr als im Januar ohne Arbeit, berichtete die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg. BAVorstandsmitglied Heinrich Alt sagte, der Zuwachs sei zwar geringer als im vergangenen Jahr, liege aber über den sonst üblichen Februarwerten. Im Durchschnitt der vergangenen sechs Jahre war die Zahl der Arbeitslosen im Februar um 20 000 gestiegen. „Das Wirtschaftswachstum ist noch zu schwach und nicht dauerhaft genug, um dem Arbeitsmarkt entscheidende Impulse zu geben“, sagte Alt.

Im Vergleich zum Februar 2003 lag die Zahl der Arbeitslosen im vergangenen Monat um 65900 niedriger. Allerdings hinken Jahresvergleiche wegen einer Änderung der Statistik. Werden etwa die heute nicht mehr in der Statistik berücksichtigten Teilnehmer an Trainingsmaßnahmen mitgezählt, dann liegt die Zahl der Erwerbslosen um 1700 höher als im Februar 2003. Saisonbereinigt stieg die Arbeitslosenzahl um 26000. Positiv wertete Alt, dass im Februar rund fünf Prozent mehr Arbeitslose eine Beschäftigung aufgenommen hätten als vor einem Jahr.

Im vergleichsweisen starken Anstieg der Arbeitslosenzahl spiegelt sich auch der zunehmende Abbau von arbeitsmarktpolitischen Programmen. So sank die Zahl der Fort- und Weiterbildungen im Vergleich zum Februar 2003 um 19,1 Prozent auf 345630. So genannte Beschäftigung schaffende Maßnahmen, zu denen auch die umstrittenen ABM gehören, gingen um 18,8 Prozent auf 118059 zurück.

Positiv bewertet die Bundesagentur den leicht rückläufigen Beschäftigungsabbau. Saisonbereinigt fiel die Zahl der Erwerbstätigen im Dezember 2003 nur noch um 2000. Mit 38,46 Millionen lag sie aber noch um 175000 unter dem Vorjahresniveau. Im Vergleich zum Vorjahr ist das allerdings bemerkenswert: 2002 war die Zahl der Erwerbstätigen um 500000 gesunken.

Trotz der vergleichsweise ungünstigen Entwicklung im Februar sieht die Bundesagentur keinen Grund, von ihrer Prognose für das Jahr 2004 abzurücken. Demnach sollte die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt um rund 20 000 auf 4,35 Millionen sinken. „Wir liegen nach wie vor im Plan“, sagte Alt. Für eine Belebung vor allem im zweiten Halbjahr spreche die positive Entwicklung bei den Auftragseingängen in der Industrie.

Regierung und Opposition bewerteten die Arbeitsmarktdaten wie gewohnt unterschiedlich. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte, es gebe eindeutige Signale, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit jetzt beendet sei. Wenn sich die positive konjunkturelle Entwicklung verfestige, könne die Zahl der Arbeitslosen im Herbst erstmals seit langem wieder auf etwa vier Millionen sinken. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD, Klaus Brandner hob hervor, dass die Erwerbslosenzahl im Februar schwächer gestiegen sei als im Vorjahr. Dagegen sieht der CDU-Bundestagsabgeordnete Karl-Josef Laumann alle wichtigen Indikatoren am Arbeitsmarkt auf Talfahrt. „Der Daumen zeigt wieder nach unten“, stellte er fest. Der CSU-Politiker Johannes Singhammer sprach von „Geisterzahlen, die die Arbeitsmarktkatastrophe verschleiern“. Unter Hinzurechnung vieler nicht mehr erfasster Gruppen seien real 5,785 Millionen Menschen arbeitslos. Der stellvertretende FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle sieht in den jüngsten Daten den Beleg dafür, dass die rot-grüne Regierung die Massenarbeitslosigkeit nicht in den Griff bekomme.

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