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Undurchsichtig. Der französisch-belgische Dexia-Konzern wird aufgespalten. Anderen Banken drohen ähnliche Schieflagen. Foto: Reuters

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Währungskrise: Schuldenschnitt für Griechenland rückt näher

Ein erster Finanzkonzern, Dexia, ist bereits kollabiert. Für Griechenland wird nun wahrscheinlicher, was viele Politiker einst kategorisch ausschlossen: eine radikale Umschuldung.

Die europäischen Regierungen bemühen sich um ein geordnetes Verfahren zur Beilegung der Schulden- und Bankenkrise im Euroraum. Wenige Stunden vor dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Sonntag in Berlin verständigten sich die Regierungen Belgiens, Frankreichs und Luxemburgs auf eine gemeinsame Linie zur Aufspaltung des angeschlagenen Dexia-Konzerns. Konkrete Entscheidungen, wie es mit dem französisch-belgischen Finanzkonzern weitergehen soll, wollte der Verwaltungsrat bis zur Börsenöffnung am Montag treffen. Die Aktien von Dexia sind bis zu diesem Montag an den Börsen von Paris und Brüssel vom Handel ausgesetzt. Die Bank war als erstes großes europäisches Kreditinstitut im Zuge der von Griechenland ausgehenden europäischen Schuldenkrise in Turbulenzen geraten.

Unterdessen verdichteten sich am Sonntag die Hinweise auf eine radikale Umschuldung Griechenlands. Demnach werden aktuell in der Eurogruppe Szenarien für einen Schuldenschnitt von bis zu 60 Prozent durchgespielt. Gläubiger Griechenlands müssten dann auf diesen Anteil ihrer Forderungen verzichten.

Bei einem Schuldenschnitt wären in Deutschland nicht nur Banken, sondern auch die Steuerzahler betroffen, weil der Staat im Rahmen der internationalen Hilfen Griechenland Notkredite in Milliardenhöhe über die Förderbank KfW gewährt hat. Ein Schuldenschnitt von 60 Prozent käme aus Sicht von Ökonomen einer Insolvenz Griechenlands gleich.

Als problematisch gilt die Auswirkung eines solchen Schritts auf die europäischen Banken. Während sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sorgt, ob die Griechen ihre gigantische Schuldenlast dauerhaft stemmen können, hält die Spitze des Regierungspartners FDP eine Umschuldung Griechenlands für notwendig. „Griechenland ist nicht wettbewerbsfähig“, sagte Bundestags-Fraktionschef Rainer Brüderle bei der zweiten FDP-Regionalkonferenz am Sonntag in Dortmund. „Es wird der Punkt X kommen, wo Griechenland umschulden muss.“ Parteichef Philipp Rösler bezeichnete den Weg als „Resolvenz“. Es gehe aber nicht darum, dass ein Land einfach unter einem anderem Namen wieder aufmache.

Lesen sie auf Seite 2, welche Idee SPD-Chef Sigmar Gabriel ins Spiel bringt.

Mit Blick auf die Kapitalisierung der Banken brachte SPD-Chef Gabriel eine Verstaatlichung der Institute ins Spiel. Gabriel sagte der „FAZ“: „Wir dürfen die Banken nicht zum zweiten Mal retten, ohne sie zurechtzustutzen.“ Er sei der Überzeugung, „dass wir in dem Umfang, wie wir Banken rekapitalisieren, uns auch an ihnen beteiligen, notfalls sie auch komplett verstaatlichen müssen“. Die Devise müsse lauten: „Kein Cent vom Staat zur Rettung von Banken ohne tief greifende Veränderungen.“

Offen ist, in welcher Größenordnung Banken im Fall einer Pleite Griechenlands mit staatlicher Hilfe gestützt werden müssen. Die Bundesregierung dringt darauf, dass im Notfall alle Banken ihr Kapital erhöhen müssen. Anders als die französische Seite will sie Kreditinstituten jedoch zunächst die Möglichkeit geben, den nötigen zusätzlichen Finanzbedarf über den Markt zu decken. Bundeskanzlerin Merkel will eine schnelle Entscheidung der Europäer und hat angedeutet, dass sie eine Kapitalaufstockung für nötig hält, um das Vertrauen wiederherzustellen.

In Berliner Regierungskreisen hieß es, in Sachen Schuldenschnitt für Griechenland sei es zu früh für eine abschließende Bewertung. Die Analyse der „Troika“ – Experten von Europäischer Union (EU), Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) – zur Zahlungsfähigkeit Griechenlands liege noch nicht vor. Mitglieder der Troika-Mission in Athen hatten am Wochenende in düsteren Worten die stockenden Reformen der griechischen Regierung kritisiert. (mit dpa/rtr)

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