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Werbung für das Energiesparen: Mit überdimensionalen Litfaßsäulen, auf denen Mützen stecken, hat das Bundesbauministerium im vergangenen Jahr für die Wärmedämmung geworben. Hausbesitzer bekommen zudem finanzielle Hilfen.

© dapd

Wärmedämmung: Abreißen oder Sanieren?

Auch Hausbesitzer sollen das Klima schützen. Am Dienstag will das Kabinett Finanzhilfen verabschieden.

Martin Meyers Mutter lebt in einem Häuschen, Baujahr 71, im niedersächsischen Cloppenburg. Monatlich zahlt sie 305 Euro für Heizung und Strom, mehr als Meyer, der mit seiner vierköpfigen Familie in Berlin-Steglitz wohnt. Mit ihrer Elektroheizung ist Meyers Mutter heiztechnisch alles andere als auf dem neuesten Stand. Deshalb hat sich der 51-Jährige an die Verbraucherzentrale Potsdam gewandt, um sich über die Möglichkeiten einer energetischen Sanierung seines Elternhauses beraten zu lassen. Da Meyer den Wert des Hauses aktuell auf höchstens 100 000 Euro schätzt, stellt er sich vor allem die Frage: „Lohnt sich das Ganze überhaupt noch?“ Nach Meinung von Andreas Pfnür, Professor für allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der TU Darmstadt und Experte für Immobilien- und Wohnungswirtschaft, ist eine energetische Komplettsanierung in den wenigsten Fällen wirtschaftlich. Auch wenn man von steigenden Energiekosten ausginge, käme eine Sanierung, die eine optimale Dämmung und Heizungsmodernisierung umfasst, den Hausbesitzer teurer zu stehen, als er durch die Verringerung von Heiz- und Energiekosten wieder einsparen könnte. Bei Mehrfamilienhäusern sei der Mieter der Leidtragende, so Pfnür. Für diesen könnte sich die Miete in einigen Fällen sogar verdoppeln, da der Vermieter elf Prozent aller Modernisierungskosten auf den Mieter umlegen kann. Dem Mieter bleibe nur die Abstimmung „mit dem Umzugswagen”.

Auch die Bundesregierung hat offenbar erkannt, dass es sich nicht lohnt, jedes Haus bis 2050 in ein „Nullenergiehaus“ zu verwandeln, wie es das neue Energiekonzept ursprünglich vorgesehen hatte. Inzwischen plant Schwarz-Gelb für Häuser, bei denen ein Abriss billiger wäre als eine klimafreundliche Modernisierung, eine Ersatzneubauförderung. Zugleich will der Bund die energetische Sanierung 2011 mit 950 Millionen Euro unterstützen, ursprünglich waren nur 450 Millionen Euro vorgesehen. Allerdings steht damit der KfW-Förderbank immer noch deutlich weniger Geld zur Verfügung als 2010 (1,35 Milliarden Euro) und 2009 (2,2 Milliarden Euro). Das Energiekonzept soll morgen vom Kabinett verabschiedet werden.

Martin Müller hängt jedoch an seinem Elternhaus. Ein Abriss kommt für ihn daher nicht infrage. Was kann er also tun? Glaubt man Pfnür, muss es nicht immer gleich eine Rundumerneuerung sein. „Manchmal reicht schon ein neuer Heizkessel.” Der Austausch eines Niedertemperaturkessels durch ein Brennwertgerät bringt nach Informationen der Verbraucherzentrale eine Energieersparnis von bis zu 25 Prozent.

Für Hausbesitzer, die langfristiger denken und ein größeres Budget zur Verfügung haben, macht es laut Stefan Materne, Energieexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, jedoch durchaus Sinn, über eine Erneuerung des gesamten Heizsystems nachzudenken. Pelletkessel und Wärmepumpen sind umweltfreundliche Alternativen zu konventionellen Gas- oder Ölheizungen und sparen, richtig eingesetzt, eine Menge an Heizkosten (bei der Wärmepumpe sind es bis zu 30 Prozent). Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) fördert die Anschaffung energieeffizienter Geräte. Für einen Pelletkessel mit Pufferspeicher, der die Energieeffizienz erhöht, gibt es zurzeit 2 500 Euro Förderung, für eine Erdreichwärmepumpe maximal 2 400 Euro. Eine Erdreichwärmepumpe ist allerdings nach Meinung von Materne nur sinnvoll, wenn bereits eine Fußbodenheizung existiert. Konventionelle Heizkörper verringern den Wirkungsgrad und damit die Effizienz der Anlage. Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, einen Fachmann zu konsultieren, bevor man sich für größere Umbauten entscheidet.

Ein erster Anlaufpunkt ist die Verbraucherzentrale vor Ort. Dort kann man sich für fünf Euro pro halbe Stunde von Fachleuten über energetische Sanierungsmaßnahmen beraten lassen. Soll es eine Komplettsanierung sein, lohnt es sich, einen Energieberater mit einem ausführlichen Gutachten zu beauftragen. Die Kosten liegen zwischen 500 und 1200 Euro. 300 Euro davon kann man sich von der Bafa erstatten lassen. Das Gutachten beinhaltet eine ausführliche Kosten-Nutzen-Rechnung und kann bei der Beantragung von Förderkrediten der KFW vorgelegt werden. Die Bank verlangt eine unabhängige Expertenmeinung, bevor sie einen Kredit bewilligt.

Wenn man bereits über eine moderne Heizungsanlage verfügt, kann man auch noch über eine Solaranlage zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung nachdenken. Das Bafa fördert derzeit Solaranlagen, die zur Heizunterstützung genutzt werden, mit 90 Euro pro Quadratmeter Kollektorfläche.

Eines kann aber jeder tun, sagt Energieexperte Pfnür: richtig lüften und die Heizung richtig einstellen. „30 Prozent des Energieverbrauchs werden durch das eigene Verhalten beeinflusst.”

Stephanie Kirchner

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