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Wirtschaft: Warentester: Bahnfahren wird für viele teurer

Stiftung kritisiert neues Tarifsystem der Deutschen Bahn als familienfeindlich / Mehdorn will nicht nachbessern

Berlin (brö). Die Stiftung Warentest hat das neue Tarifsystem der Deutschen Bahn heftig kritisiert und Nachbesserungen verlangt. „Alleinreisende und Familien müssen ab 15. Dezember draufzahlen“, ermittelten die Tester. Das neue System sei kundenunfreundlich, außerdem werde der Tarifdschungel nicht gelichtet. Bahnchef Hartmut Mehdorn erklärte, die Untersuchung biete ein verzerrtes Bild und sei „wirklichkeitsfremd“. Es gebe keinen Grund, an den Preisen etwas zu ändern.

„Familien sind entgegen der Werbung der Bahn nicht die großen Gewinner der Tarifreform“, sagte Hubertus Primus von der Stiftung Warentest am Donnerstag in Berlin. Bei dem Vergleich von 1600 ausgewählten alten und neuen Tarifen zeige sich, dass Eltern mit Kindern über 14 Jahren und Alleinreisende mit kleinen Kindern oft teurer führen als zuvor. Auch die große Gruppe der allein reisenden Erwachsene seien benachteiligt. Wegen des geringeren BahncardRabatts müssten sie im Regionalverkehr oft mehr für einen Fahrschein bezahlen. Eine Vereinfachung sei das Preissystem insgesamt nicht, weil es für eine Verbindung oft mehrere Züge zu verschiedenen Tarifen anbiete. Zudem betreibe die Bahn mit „Tricks“ Preiserhöhungen, befand Primus, indem sie preiswerte Interregios abschaffe und auf den selben Strecken teurere IC- und ICE-Züge fahren lasse.

Die Deutsche Bahn verspricht, mit dem Tarifsystem ab dem 15. Dezember Zugfahren für „Millionen Reisende so günstig wie nie zuvor“ zu machen. Kernpunkte der Reform sind Rabatte für Familien, Gruppen sowie für Frühbucher, die zwischen zehn und 40 Prozent sparen können. Dafür müssen sie sich allerdings auf eine bestimmte Zugverbindung festlegen. Die Bahn will außerdem die Bahncard verbilligen, im Gegenzug aber die Rabatte von 50 auf 25 Prozent reduzieren. Generell werden die Normalpreise auf Strecken ab 180 Kilometern nach Angaben der Bahn um bis zu 25 Prozent billiger.

Trotz der Kritik gibt die Stiftung dem System ein „Ausreichend, mit der Tendenz zum Befriedigend“, sagte Tester Primus. Allerdings müsse der Konzern die Bedingungen für die Kunden nachbessern. Primus forderte eine Verrringerung der Umtauschgebühr von 45 Euro für Frühbucher-Tickets, preiswertere Tarife für Langstrecken sowie höhere Rabatte für Bahncard-Eigner. Außerdem müssten Kinder bis 17 Jahren zusammen mit ihren Eltern gratis reisen können.

Die Bahn wies die Einwände zurück. Die Studie sei nicht repräsentativ, fand Bahnchef Mehdorn. Man können angesichts von 22 Millionen möglichen Verbindungen in Deutschland nicht wenige hundert herausgreifen. Forderungen nach weiteren Rabatten zeigten, dass „die Stiftung in einer wirklichkeitsfremden Welt lebt“. Hans Koch, Marketing-Vorstand der Sparte Personenverkehr, wertete den bisherigen Vorverkauf für das Preissystem als Erfolg. Bislang seien 400 000 Tickets nach den neuen Preisen verkauft worden. Die Vorwürfe der Stiftung Warentest seien überdies nicht neu. Sie stelle jedoch nur Preisvergleiche für Bahncard-Besitzer an und übersehe, dass das Unternehmen sich mit der Tarifreform neue Kundengruppen zu erschließen versuche. Eine Senkung der Preise auf breiter Front mache betriebswirtschaftlich keinen Sinn. Überprüft werde das Preissystem erst nach einem Jahr.

Am 27. November beantworten Experten am Tagesspiegel-Telefon unter den Nummern (030) 26009-820 bis -822 zwischen 17 und 19 Uhr Fragen zu den neuen Bahnpreisen. Mehr zum Thema finden Sie im Internet unter www.warentest.de und www.bahn.de .

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