zum Hauptinhalt
Die soziale Marktwirtschaft habe uns stark gemacht, nicht die Planwirtschaft, warnt Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger vor rot-grünen Plänen.

© imago images/photothek

Warnung vor grün-roter Regierung: Arbeitgeber finden die FDP gut

Wahlprüfsteine der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände vorgelegt. Rat der Arbeitswelt stellt seinen ersten Bericht vor.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) sieht die Bundesrepublik auf dem Weg in die Planwirtschaft. Nach der Lektüre der Wahlprogramme von SPD, Grünen und Linken habe er den Eindruck, „alles wird auf den Kopf gestellt“, meinte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger am Dienstag. Eine international verflochtene Wirtschaft könne man nicht steuern wie „die alte Deutschland AG“. Hoffnung mache das Programm der FDP, „das wir in weiten Teilen unterstützen“. Auf die noch ausstehenden Pläne der Union warte man gespannt und mit Optimismus, denn Kanzlerkandidat Armin Laschet habe ja ein „Beschleunigungsjahrzehnt“ angekündigt. „Wir nehmen ihn beim Wort.“

"Weiterbildungsrepublik Deutschland"

Zum erstmals vorgelegten Bericht des Rats der Arbeitswelt ging Dulger auf Distanz. Die Ergebnisse seien „relativ wertlos und nicht repräsentativ“. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, der den Rat Anfang 2020 als neues Sachverständigengremium berufen hatte, empfahl dem Arbeitgeberpräsidenten, den Bericht erstmal zu lesen und sich dann zu äußern. Der Rat plädiert unter anderem für die Abschaffung von Minijobs im gewerblichen Bereich, einen besseren Sozialversicherungsschutz der Soloselbstständigen sowie deutlich größere Anstrengungen in der Weiterbildung. „Deutschland muss eine Weiterbildungsrepublik werden“, sagte Heil. Eine staatlich geförderte Bildungsteilzeit sollte ebenso selbstverständlich werden wie die Elternteilzeit.

Dulgar warnt vor Belastungen und Regularien

Wenn vom Staat die Rede ist, zuckt Arbeitgeberpräsident Dulger zusammen. „Alle wollen neue Regularien und Belastungen“, stöhnte Dulger bei der Vorlage eines Acht-Punkte- Papiers zur Bundestagswahl. Die Parteien lieferten sich einen „Wettlauf bei der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns“, wollten die Mitbestimmung ausweiten und Minijobs verbieten, ein bundesweites Tariftreuegesetz verabschieden und die sachgrundlose Befristung untersagen. Grüne, SPD und Linke hätten offenbar nicht verstanden, wie es der Wirtschaft geht und dass Wachstum nötig sei, um die leeren Sozialkassen zu füllen.

„Wir sollten eine Gesellschaft von Optimisten und Gestalter sein“, meinte Dulger und erwähnte die aktuelle Dynamik in China und in den USA als Vorbild. Auf der Prioritätenlisten der BDA steht der Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten ganz oben, indem das Arbeitszeit so verändert wird, dass die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden überschritten werden darf und dazu die Ruhezeiten zwischen den Schichten gekürzt werden.
[Wenn Sie die wichtigsten Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die Höhe der Lohnnebenkosten folgen auf Platz zwei der Dulgerschen Wunschliste. „Wir schrammen an der 40-Prozent-Grenze“, sagte der Präsident, und trotzdem würden derzeit „weitere Leistungen ins Schaufenster gestellt“. Um die Sozialabgaben dauerhaft zu stabilisieren, schlägt die BDA eine gesetzliche Festschreibung der 40 Prozent vor. Vor allem die absehbar zunehmenden Ausgaben von Pflege- und Rentenversicherung beunruhigen die Arbeitgeber.

Rückfall in die Zeit vor der Agenda 2010?

Immerhin weiß auch die BDA: „Wir können der Demografie und dem Klimawandel nicht ausweichen“, wie Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter formulierte. Das dürfe aber keinesfalls zu höheren Steuern und Abgaben und noch mehr Bürokratie führen, wie es das „Reformationsprogramm“ (Dulger) der Grünen befürchten lasse. „Wir haben alle in den vergangenen zehn Jahren die Früchte der Agenda 2010 geerntet“, meinte Dulger und warnte eindringlich vor einem Rückfall in frühere Zeiten, als Deutschland aufgrund seiner Standortschwächen als „kranker Mann Europas“ gegolten haben.

Arbeitsminister Hubertus Heil und die Ratsmitglieder Isabel Rothe, Frank Bsirske und Stephan Schwarz stellen den ersten Arbeitsweltbericht vor.
Arbeitsminister Hubertus Heil und die Ratsmitglieder Isabel Rothe, Frank Bsirske und Stephan Schwarz stellen den ersten Arbeitsweltbericht vor.

© imago images/Political-Moments

"Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung"

Das steht uns nach Einschätzung der BDA wieder bevor, wenn die Empfehlungen des Rats der Arbeitswelt von der Politik aufgegriffen und umgesetzt würden. Das aus rund zehn Wissenschaftlern, Arbeitgebern und Betriebsräten von Bundesarbeitsminister Heil berufene Gremium legte am Dienstag gemeinsam mit dem Minister den ersten „Arbeitsweltbericht“ vor. „Die Beschäftigten von heute müssen auch die Arbeit von morgen machen können“, sagte Heil. Dazu sein unter anderem ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung erforderlich. Aus der Bundesagentur für Arbeit müsse eine Agentur für Arbeit und Qualifizierung werden.

Stephan Schwarz, ehemals Präsident der Berliner Handwerkskammer und geschäftsführender Gesellschafter des Gebäudereinigers GRG sagte zum Vorwurf Dulgers, wonach der Rat nicht repräsentativ sei, neben der Wissenschaft hätten die betrieblichen Akteure unterschiedliche Perspektiven eingebracht. „Wir haben großen Wert gelegt auf unsere Unabhängigkeit - sowohl vom Ministerium als auch von Verbänden“, sagte Schwarz bei der Vorstellung des Berichts.

Gefahren im Homeoffice

Der Unternehmer erklärte den Vorschlag der sukzessiven Abschaffung der Minijobs mit deren Missbrauchsanfälligkeit, den Kosten für die Betriebe, wettbewerbsverzerrenden Effekten und der unzureichenden Brückenfunktion hin zu regulären Arbeitsverhältnissen. Schließlich sei in der Pandemie die Krisenempfindlichkeit deutlich geworden: Im Frühjahr 2020 seien mehr als 550 000 Minijobs verschwunden. Für Isabel Rothe, Präsidentin der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, ist das Homeoffice „vielleicht eine der wichtigsten Herausforderungen nach der Pandemie“. Die Gefahr der „sozialen Isolation“ sei groß, und die Bedeutung der Beziehungen im Büro oder Betrieb dürfte nicht unterschätzt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false