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Wirtschaft: Warten auf den Durchbruch

Berliner Biotech-Firma Jerini hofft auf Zulassung für ihr erstes Medikament

Berlin - Die Sektkorken haben schon geknallt, so sicher ist man bei dem Berliner Biotech-Unternehmen Jerini, bald mit dem ersten Medikament an den Start gehen zu können. „Wir rechnen im Juni mit der Zulassung in Europa“, sagte Jerini-Chef Jens Schneider-Mergener dieser Zeitung. Ab August soll das Mittel Icatibant in Deutschland und Großbritannien auf den Markt kommen, die übrigen EU-Länder dann 2009 folgen. Weil das viele Millionen verschlingen wird, prüft Jerini gerade neue Finanzierungsmöglichkeiten, wie Schneider-Mergener am Donnerstag ankündigte. Schon im ersten Quartal hatten die Kosten für die Entwicklung und die geplante Markteinführung das Ergebnis deutlich belastet.

Bei den Investoren kam das nicht gut an: Der Kurs der Jerini-Aktie verlor am Donnerstag fast sieben Prozent.

Icatibant ist ein Mittel gegen das vererbbare Angio-Ödem, eine Krankheit, die schmerzhafte Schwellungen an Händen und Füßen sowie lebensbedrohliche Erstickungsanfälle bewirken kann. Weltweit haben Ärzte dieses Leiden bei rund 10 000 Menschen diagnostiziert. Jerini rechnet allein in Europa mit Spitzenumsätzen von 150 Millionen Euro.

Doch erst mal muss es zugelassen werden. Vor drei Wochen hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel der EU-Zulassungsbehörde Emea eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen. Normalerweise wird innerhalb von 67 Tagen nach Veröffentlichung die Zulassung durch die EU-Kommission erteilt.

Problematischer ist es in den USA. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA hatte – einen Tag vor der Empfehlung der Emea – einen „Not Approvable Letter“ an Jerini verschickt und darin ihre Bedenken gegen eine Zulassung aufgelistet. Der Kurs der Jerini-Aktie rauschte danach in den Keller.

Doch der Jerini-Chef hat den US-Markt noch nicht aufgegeben. Mitte Juni werde er zum Gespräch mit der FDA reisen, „um Klarheit zu bekommen“, unter welchen Voraussetzungen die Behörde das Mittel doch noch zulassen könnte, kündigte er an. Schlimmstenfalls müsse Jerini klinische Studien nachliefern. „Das würde bedeuten, dass wir das Medikament nicht vor Ende 2010/ Anfang 2011 auf den US-Markt bringen können“, sagte der Biochemiker, der das Unternehmen 1992 aus der Charité heraus gegründet hatte. Rund 160 Mitarbeiter beschäftigt Jerini mittlerweile, fast alle davon in Berlin.

Die Verzögerung auf dem wichtigen US-Markt ist auch deshalb problematisch, weil es drei Wettbewerber gibt, die dort ähnliche Medikamente einführen wollen wie Jerini. Das erste, Lev Pharmaceuticals, wird nach Angaben Schneider-Mergeners voraussichtlich noch in diesem Jahr auf den Markt kommen und hat damit den Vorteil des Frühstarters.

Während in den USA noch viele Fragen offen sind, konzentriert sich Jerini auf die erhoffte Markteinführung in Europa. Rund 25 Millionen Euro werde das Vorhaben in den kommenden zwei Jahren kosten, schätzt Schneider-Mergener. Das Marketing- und Vertriebsteam sei bereits aufgestockt worden. „Wir wollen das in Europa auf jeden Fall selbst vermarkten“, betont er. Rund 28 Millionen Euro hatte das Unternehmen Ende März noch in der Kasse, das waren gut zehn Millionen weniger als Ende 2007. Jerini prüft gerade, wie neues Geld eingesammelt werden kann, etwa über eine strategische Partnerschaft mit einem Pharmaunternehmen oder eine Kapitalerhöhung.. „Wir schauen uns mögliche finanzielle Optionen an“, sagte der Jerini-Chef.

Der Verlust des Unternehmens erhöhte sich im ersten Quartal von 4,8 auf 8,8 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz sank vor allem wegen der Aufhebung der Kooperation mit dem US-Pharmakonzern Abbott um rund 31 Prozent auf 2,5 Millionen Euro.

Maren Peters

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