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Wirtschaft: Warten auf Godot

Bundeskanzler Gerhard Schröder war nicht im Land, als die Arbeitsagenturen diese Woche meldeten, dass die Arbeitslosenzahl im Februar auf über 5,2 Millionen gestiegen ist. Das ist ein Nachkriegsrekord.

Bundeskanzler Gerhard Schröder war nicht im Land, als die Arbeitsagenturen diese Woche meldeten, dass die Arbeitslosenzahl im Februar auf über 5,2 Millionen gestiegen ist. Das ist ein Nachkriegsrekord. Schröder weilte auf einer Verkaufstour in der Golfregion, um der deutschen Industrie „Türen zu öffnen“, wie er es nennt.

Mehr fällt dem Kanzler leider nicht ein, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das Problem Deutschlands ist aber nicht der Exportsektor – er steht dank boomender Weltwirtschaft gut da. Deutsche Unternehmen sind auch deshalb wettbewerbsfähig, weil sie daheim weiter Stellen abbauen und Fabriken ins Ausland verlegen. Es ist der deutsche Arbeiter, der nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Die Regierung hat versucht, einen Teil der Schuld einer jüngst gestarteten Arbeitsmarktreform zuzuschreiben. Dabei wurde das Arbeitslosengeld gekürzt, zudem gelten nun viele als arbeitslos, die zuvor als erwerbsunfähig eingestuft waren. Ohne die Reform wäre die Arbeitslosigkeit unter der FünfMillionen-Marke geblieben. Jedoch ist die verdeckte Arbeitslosigkeit höher: Berücksichtigt man die Teilnehmer staatlicher Ausbildungs- und Umschulungsprogramme, Arbeitsunfähige oder Frührentner, liegt die tatsächliche Zahl bei neun Millionen.

Was wirklich nötig wäre – Steuersenkungen, Bürokratieabbau, ein flexiblerer Arbeitsmarkt – wird seit langem diskutiert. Doch es geschieht nichts, weil der politische Mut fehlt. Würde der Kanzler die Probleme anpacken, müsste er sich gegen jene 38 Millionen stellen, die noch einen Job haben. Da fällt es leichter, den starken Euro oder das teure Öl vorzuschieben und mittels überoptimistischer Wachstumsprognosen – die am Ende abgesenkt werden müssen – Besserung zu versprechen. Im Januar prognostizierte die Koalition für 2005 bis zu zwei Prozent Wachstum – doppelt so viel wie die meisten Ökonomen. Das veranlasste einen Oppositionsführer, die Bibel nach Johannes 20, 29 zu zitieren: „Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben.“ Bleibt der Kanzler weiter untätig, bedarf es tatsächlich göttlicher Hilfe, um der deutschen Wirtschaft noch zu helfen.

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