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Lange Leitung: Viele Kunden zahlen immer noch für Dudelschleifen.

© dpa

Warteschleifen: Die Abzocke bei Servicenummern geht weiter

Seit Juni müssen Warteschleifen bei Servicenummern für Verbraucher kostenlos sein. Doch viele Unternehmen kassieren weiter ab. Nun geht die Bundesnetzagentur gegen schwarze Schafe vor.

Obwohl das seit Juni per Gesetz verboten ist, knöpfen viele Unternehmen ihren Kunden weiter Geld dafür ab, dass sie bei Service-Hotlines in der Warteschleife hängen. Das hat eine neue Untersuchung der Grünen ergeben, die dem Tagesspiegel vorliegt. Bei 18 von 45 getesteten Hotlines und damit in 40 Prozent der Fälle wurden den Verbrauchern höhere Kosten in Rechnung gestellt als erlaubt. Abrechnungsprobleme gab es vor allem bei den teuren 0900-Servicenummern. Hier haben rund 50 Prozent der Anbieter falsch abgerechnet und die Anrufer für Warteschleifen oder reine Bandansagen zur Kasse gebeten. Spitzenreiterin bei den Kosten war eine esoterische Hotline, bei der auch nach fünf Minuten Wartezeit in der Dudelschleife zwar Kosten von 7,30 Euro anfielen, aber kein Gespräch mit einem Berater zustande kam. Neben solchen eher zwielichtigen Adressen gehören auch viele Billigflieger zu den Anbietern, die ihre Kunden über Gebühr zur Kasse bitten. Die Grünen schätzen, dass Verbraucher im Jahr rund 25 Millionen Euro zu viel zahlen, weil ihnen Warteschleifen verbotenerweise in Rechnung gestellt werden.

In elf Fällen wurden Kosten erhoben

Die neue Untersuchung bestätigt ähnliche Testergebnisse der Stiftung Warentest aus dem vergangenen Monat. Die Verbraucherschützer hatten 171 Servicenummern angerufen. Bei 37 Hotlines landeten die Tester in der Warteschleife, in elf Fällen kassierten die Betreiber anschließend Geld von den Anrufern für die Warteschleifen, darunter so prominente Adressen wie das Deutsche Rote Kreuz und der Haushaltswarenhersteller WMF. Beide Firmen haben inzwischen reagiert und ihre Hotlines umgestellt. In sechs anderen Fällen geht die Bundesnetzagentur nach Informationen des Tagesspiegels aber inzwischen gegen schwarze Schafe vor. So ermittelt die Aufsichtsbehörde gegen den Textilhändler Desigual, den Haushaltsgerätehersteller Laurastar, den Kaffeepadproduzenten Senseo, den Freizeitpark Phantasialand, die Fluggesellschaft Sun Express und den Unterhaltungsgerätehersteller Trekstor.

Behörde stellte bei Testanrufen Verstöße fest

Testanrufe der Behörde hatten Verstöße festgestellt. Nun werden die Unternehmen befragt. Bärbel Höhn, Fraktionsvize der Grünen, reicht das nicht. "Es gibt bei der Bundesnetzagentur ein Vollzugsdefizit, wenn es um Verbraucherbelange geht", sagte Höhn dem Tagesspiegel. "Da werden in der Regel nur freundliche Briefe geschrieben", ärgert sich die Politikerin. Ihrer Meinung nach müsse die Behörde stärker durchgreifen und Bußgelder verhängen. Nach dem Gesetz können diese bis zu 100000 Euro betragen.

Ersten 30 Sekunden sind kostenfrei

Warteschleifen sind seit Juni nur noch erlaubt, wenn der Betreiber eine - kostenfreie - 0800er Nummer, eine normale Festnetznummer (etwa 030 für Berlin) oder eine herkömmliche Mobilfunknummer (015.., 016...,017...) verwendet. Bei den Servicenummern 0180 oder 0900 dürfen die Unternehmen nur noch dann Warteschleifen einrichten, wenn für den gesamten Anruf ein Festpreis gilt oder wenn die Wartezeit umsonst ist. Das gilt auch für die so genannten nachgelagerten Warteschleifen, in denen man hängt, wenn man innerhalb des Unternehmens weiter verbunden wird. Für Service-Hotlines hat die Bundesnetzagentur zwei neue Rufnummernbereiche eingerichtet, die 01806er-Verbindungen, die pauschal abgerechnet werden und die 01807er-Nummern, bei denen zwar ein Preis pro Minute gilt, die ersten 30 Sekunden für den Anrufer aber immer gratis sind - egal, ob in dieser Zeit eine Warteschleife läuft oder nicht. Sollte das Unternehmen, das eine 01807er-Nummer verwendet, Anrufer in die Dudelschleife schicken, darf das höchstens 30 Sekunden dauern.

In der Vergangenheit hatten Unternehmen ihre Kunden oft lange in der Warteschleife schmoren lassen und dafür noch gut kassiert. Um Verbraucher vor solcher Abzocke zu schützen, hatte die schwarz-gelbe Koalition das Telekommunikationsgesetz verschärft. Nach einer längeren Übergangszeit gelten jetzt die neuen, strengeren Regeln, an die sich alle Unternehmen halten müssen. "Die Firmen hatten über ein Jahr Zeit, um sich auf die neuen Regeln einzustellen", wundert sich Höhn. "Da ist es verwunderlich, dass noch immer so viel falsch abgerechnet wird." Das erstaunt auch den Branchenverband VATM, der die Telekommunikationsanbieter vertritt. VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner machen besonders Abrechnungspannen bei großen Firmen stutzig. "Ich kann mir schwer vorstellen, dass das bei großen Unternehmen wirklich ein Zufall ist, wenn dort unrechtmäßig immer noch Warteschleifen abgerechnet werden", sagte Grützner dem Tagesspiegel. Bei kleineren Firmen könne das anders sein. Hier sei es möglich, dass sich die Unternehmen nicht ausreichend und rechtzeitig um die Umsetzung gekümmert haben. In drei Monaten sollte aber jeder Unternehmer das Thema im Griff haben, sagte Grützner.

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