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Die Post beschäftigt 130.000 Paketboten in Deutschland.

© dpa

Was Paketboten verdienen: Post-Chef kontert scharfe Kritik von Verdi

Streit auf hohem Niveau: Im Tarifkonflikt um die Gehälter von Paketzustellern verschärfen Verdi und die Deutsche Post DHL den Ton.

Von Maris Hubschmid

Wie berechtigt ist es, gegen einen Lohn aufzubegehren, der zu den besten in der Branche gehört? Letztlich ist das die Frage, um die im Tarifkonflikt zwischen der Post und Verdi alles kreist. Die Gewerkschaft hat ihren Ton gegenüber dem Konzern am Wochenende stark verschärft – ihr Chef Frank Bsirske warf dem Unternehmen in einem Radiointerview „Profitgier“ vor, es bereichere sich „auf dem Rücken der Beschäftigten“. Indem es Unterfirmen gründe, um Gehälter zu sparen. Die Verknappung des Sachverhalts auf diese Formel gefällt der Post nicht.

Dabei scheinen die Fakten allzu viel Interpretationsspielraum auf den ersten Blick nicht zu lassen: Der Konzern will das Paketgeschäft ausbauen, das wegen des Onlinehandels stark wächst. Er will dafür aber nicht nur zusätzliche Mitarbeiter einstellen, sondern das Ganze bei der Gelegenheit auch gleich neu organisieren. Die neuen Mitarbeiter sollen künftig in Regionalgesellschaften unter dem Namen DHL Delivery eingestellt werden, in Tochterfirmen also, für die der Haustarifvertrag nicht gilt. Das heißt, die Beschäftigten bekommen dort weniger Geld und haben im Zweifel auch weniger Rechte. Man könnte sagen: ein alter Trick.

Post-Chef Frank Appel sagt: "Wir zahlen die besten Löhne der Branche."
Post-Chef Frank Appel sagt: "Wir zahlen die besten Löhne der Branche."

© AFP

Bis zu zehntausend Boten wechseln

Der andere Punkt, den die Gewerkschaft kritisiert, ist dabei: Nicht nur gänzlich neue Mitarbeiter sollen in den Tochterfirmen die Paketsparte unterstützen, sondern offenbar auch eine ganze Reihe von Kollegen aus dem Stammhaus, deren befristete Verträge die Post nicht verlängern will. Von den „bis zu 20 000 neuen Arbeitsplätzen“ seien „mindestens 10 000 komplett neue Stellen“, erklärt die Post auf Nachfrage. Das bedeutet im Umkehrschluss: Bis zu 10 000 Paketboten wechseln von Deutsche Post DHL zu DHL Delivery, in schlechtere Verdienstverhältnisse. „Die Post verschiebt die Beschäftigten in andere Gesellschaften mit bis zu 20 Prozent weniger Entgelt und Gehalt“, klagt Verdi. Sich als Arbeitgeber darzustellen, der großzügig neue Stellen schafft, sei insofern ein großer Bluff.

Wenn jemand Jobs gefährdet, dann Verdi

In einem Interview hat sich nun Post-Chef Frank Appel persönlich gegen die Vorwürfe gewehrt. Nachdem bisher Jürgen Gerdes, der Leiter der Brief- und Paketsparte, das Wort in dieser Angelegenheit geführt hatte, sagte Appel dem „Bonner Generalanzeiger“ sinngemäß: Tatsächlich sei es die Gewerkschaft, die Arbeitsplätze gefährde, weil sie das große Ganze nicht sehe. „Laut Verdi besteht kein Handlungsbedarf, solange wir Gewinne machen.“ Wohin das führen könne, sehe man aber dort, „wo aktuell gerade massiv Arbeitsplätze abgebaut werden.“ Damit spielt Appel auf Karstadt und vielleicht auch auf Siemens an, die offensichtlich zu spät auf Veränderungen im Markt reagiert haben. Die Post brauche „wettbewerbsfähige Kostenstrukturen“. Ein Unternehmen, das nicht mit Mitbewerbern konkurrieren könne, sei „nicht im Interesse der Beschäftigten“. Vor allem aber: Schlechtere Bezahlung sei nicht gleich schlechte Bezahlung. „Das sind die besten Löhne in unserer Industrie und deutlich besser als die unserer Wettbewerber“, betont Appel.

13 Euro in der Stunde

Im Schnitt lägen die Tarife in den Tochtergesellschaften bei 13 Euro pro Stunde – deutlich über dem Mindestlohn, aber auch über den Löhnen der Mitbewerber. Wie viel die Boten aktuell verdienen, sagt die Post nicht. Auf jeden Fall aber zu viel: „Mit den Kostenstrukturen, die wir heute haben, werden wir keine Marktanteile gewinnen, sondern verlieren“, warnt Appel.

„Die Zeiten, in denen die Post ein Staatsunternehmen war, das sich keinem Wettbewerb stellen muss und dem nichts passieren kann, sind lange vorbei“, sagte auch der Kommunikationschef der Post, Christof Ehrhart, dem Tagesspiegel. Schon in den zurückliegenden Jahren habe der Konzern „immer weniger Jobs in der Paketzustellung entfristen können, weil sich die Kostenschere zu öffnen begann“. Verdi nehme bei ihrem Feldzug den Falschen ins Visier: „Warum geht sie nicht die Konkurrenz an? Erst die sorgt mit ihren Niedriglöhnen dafür, dass wir uns mit wachsendem Preisdruck am Markt auseinandersetzen müssen.“

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