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Wirtschaft: Was Wasser kann

Forscher sagen: Viel trinken macht nicht gesünder. Die Industrie will davon nichts wissen

Berlin - „Machen Sie es wie die Models“, empfiehlt die Internetseite Novafeel. „Viel Trinken ist das beste Mittel für Schönheit und schöne Haut.“

Wofür Wasser nicht alles gut sein soll: Schön soll es machen, den Kopfschmerz vertreiben, die Falten glätten – wenn es nur in ausreichender Menge getrunken wird. Eine Empfehlung, die sich über die Jahre hartnäckig gehalten hat und von der vor allem die Getränkeindustrie in den vergangenen Jahren mit kräftigen Zuwachsraten profitierte. Doch die Zeiten könnten schwerer werden.

Amerikanische Forscher haben herausgefunden, dass es gar nichts nützt, besonders viel zu trinken. Eine gesundheitsfördernde Wirkung sei wissenschaftlich nicht belegbar, wenn man mehr trinke, als der Durst hergibt. Weder wird die Haut glatter, noch werde der Kopf klarer. Zu diesem Ergebnis kommen jedenfalls zwei Forscher der University of Pennsylvania, die ihre Studie im Journal of the American Society of Nephrology in diesen Tagen veröffentlicht haben.

Die Getränkeindustrie will sich dadurch allerdings nicht vom Kurs abbringen lassen. „Wir bleiben bei unserer Empfehlung, zwei Liter pro Tag zu trinken“, sagt Ernst Kammerinke, Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (WAFG). „An einem heißen Sommertag können es auch drei Liter sein, das hängt von der Gesamtkonstitution ab.“ Die Studie, meint er, sei nur eine Einzelmeinung, die mit ähnlicher Aussage alle Jahre wieder auftauche.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt gesunden, erwachsenen Menschen, bei normaler Belastung 1,5 Liter täglich zu trinken. „Das heißt aber nicht, dass man den ganzen Tag mit einer Wasserflasche herumlaufen muss“, sagt DGE-Sprecherin Isabelle Keller. Der gesunde Körper brauche zwar 2,5 bis drei Liter Wasser pro Tag, der Rest werde dem Körper bei normaler Ernährung aber über feste Nahrung zugeführt. Nur Kleinkinder und ältere Menschen sollten über den Durst trinken, weil das Gefühl für die richtige Menge noch nicht oder nicht mehr ausgeprägt sei. „Mehr Trinken kann der gesunde Organismus aber gut wegstecken“, meint Keller.

Der Verband Deutscher Mineralbrunnen orientiert sich bei seiner Trinkempfehlung an der DGE. 1,5 Liter pro Tag seien sinnvoll, meint Sprecher Arno Dopychai. Mehr sei aber auch nicht schädlich, das werde über die Nieren wieder ausgeschieden. „Wer gesund ist, weiß, was er braucht.“

Einen Grund zur Sorge sieht die Industrie wegen der neuen US-Studie jedenfalls nicht. „Der Absatz wird darunter nicht leiden“, meint WAFG-Geschäftsführer Kammerinke. Der Absatz alkoholfreier Getränke sei in den vergangenen Jahren ständig gewachsen. „Da ändert sich nichts dran.“ Ähnlich klingt das bei den Mineralbrunnen. „Der Absatz wird deshalb nicht zurückgehen“, sagt Dopychai. Was er nicht erwähnt: Der Mineralwasserabsatz ist 2007 nach Jahren des Wachstum bereits leicht gesunken – auch ohne die US-Studie. 12,8 Milliarden Liter verkauften die Hersteller 2007 und damit 1,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Zweistelliges Wachstum gab es nur noch bei den kohlensäurefreien und aromatisierten Wassern.

Dopychai lässt sich dadurch nicht beirren. Etwa 130 Liter Mineralwasser habe jeder Deutsche 2007 im Durchschnitt getrunken, das entspricht einem Drittel Liter pro Tag, rechnet Dopychai. „Nach oben ist noch viel Luft.“ Maren Peters

Maren Peters

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