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Trinkwasser ist auf der Erde ein seltenes Gut.

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Wasser als Investition: Verwässertes Geschäft

Wasser ist ein knappes, kostbares Gut:  Der Bedarf steigt rasant, in vielen Regionen haben Menschen schon jetzt keinen Zugang. Investoren schaffen Abhilfe – und verdienen daran. Ist das ethisch vertretbar?

Zu 71 Prozent ist die Erde mit Wasser bedeckt. Insgesamt gibt es 1 380 000 000 Kubikkilometer auf unserem Planeten. Doch nach Abzug von Salzwasser (97,5 Prozent), Schnee und dem Eis der Pole bleiben davon gerade einmal 0,5 Prozent nutzbares Süßwasser. Und nur 0,007 Prozent sind laut UNO direkt als Trinkwasser geeignet. Ein Rohstoff wie Öl, Weizen oder Holz ist Wasser trotzdem nicht: Wasser hat keinen Weltmarktpreis und kann nicht direkt gehandelt werden. Dennoch – oder gerade deshalb – ist Wasser auch für Finanzinvestoren interessant.

Das knappe Gut muss auf immer mehr Menschen verteilt werden

Die vorhandene Wassermenge bleibt im Prinzip stets gleich, muss aber auf immer mehr Menschen verteilt werden. Nach Schätzungen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird sich der Wasserverbrauch zwischen 2000 und 2050 mehr als verdoppeln. Die Analysten der Schweizer Fondsgesellschaft Robeco SAM glauben, dass bereits 2030 „der Wasserbedarf um 40 Prozent höher sein wird als das Angebot“. 3000 Kubikkilometer Süßwasser pro Jahr könnten dann fehlen. Reinigung, Aufbereitung, effektive Verteilung, sparsame Nutzung und Erschließung neuer Wasserquellen wie der salzhaltigen Ozeane werden immer wichtiger und erfordern immer höhere Investitionen. Die Anlageexperten von Goldman Sachs meinen: Die Wasserbranche stehe vor starkem Wachstum und werde von gegenwärtig 500 Milliarden Dollar bis 2020 auf etwa zwei Billionen Dollar wachsen.

Auch Anleger können in das Wassergeschäft investieren

Anleger können sich an dieser Entwicklung beteiligen. Zum Beispiel über Aktien von Unternehmen, die an neuen Technologien zur ressourcenschonenden Bewässerung, zur Entsalzung von Meerwasser oder zur Filterreinigung arbeiten. Auch gibt es auf dem Markt mittlerweile diverse Wasser-Fonds. Die rund 15 Fonds auf dem Markt brachten in den vergangenen drei Jahren Renditen von bis zu 22,5 Prozent pro Jahr – in den vergangenen fünf Jahren maximal 15 Prozent jährlich. Sie profitierten damit auch von der allgemeinen Hausse an den Aktienmärkten. Der größte Wasser-Fonds ist der Schweizer Fonds Pictet Water, der bereits seit 15 Jahren auf dem Markt ist und inzwischen 3,2 Milliarden Euro verwaltet. Die Fondsmanager möchten sich dabei an der Schnittstelle mehrerer Megatrends positionieren: Profitieren will man nicht nur vom verstärkten Schutz und Ausbau der Wasserressourcen, sondern auch vom wasserintensiven Trend zur Urbanisierung. Fondsmanager Peter Portner setzt dabei vor allem auf die großen Player im Markt: Neben den französischen Unternehmen Veolia Environnement und Suez Environnement gehört der US-Wasserkonzern American Water Works nicht nur zu den größten Positionen der meisten Fonds, sondern auch zu den größten Wasserkonzernen der Welt.

Der Konzern Veolia versorgt Millionen von Menschen mit Trinkwasser

Veolia beispielsweise versorgt weltweit etwa 100 Millionen Menschen mit Trinkwasser und war auch an den Berliner Wasserbetrieben beteiligt, bis das Land die Wasserversorgung 2012 wieder verstaatlicht hat. Vielfach heftig wegen hoher Wasserpreise kritisiert, baute Veolia inzwischen auch das soziale Engagement aus. Gemeinsam mit der Grameen-Bank von Friedensnobelpreisträger Mohammed Yunus, die Mikrokredite in Entwicklungsländern vergibt, will Veolia in Bangladesch 100 000 arme Landbewohner mit günstigem und aufbereitetem Trinkwasser versorgen. Der Hintergrund: 80 Prozent des Grundwassers in dem Land sind aus geologischen Gründen mit dem hochgiftigen Arsen kontaminiert. „Wasserinvestments bieten oft ein Win-win-Szenario zwischen Nachhaltigkeit und finanzieller Performance“, sagt Dieter Küffer, Fondsmanager des Robeco SAM Sustainable Water Fund. Der Anleger könne dabei sinnvoll und mit ethischem und ökologischem Aspekt investieren.

Nicht alle Fonds verfolgen einen nachhaltigen Ansatz

Kritiker geben zu bedenken, dass bei Weitem nicht alle Fonds einen ökologischen und nachhaltigen Ansatz fahren. Während für Pictet Nachhaltigkeit kein Kaufargument bei der Aktienauswahl ist, arbeitet beispielsweise RobecoSAM mit den sogenannten ESG-Kriterien. E steht für Environment (Umwelt) und beachtet beim Investment auch Punkte wie Klimawandel, Umweltverschmutzung oder Wasserknappheit, S für Social, also für Minderheiten- und Menschenrechtsschutz – und G steht für Governance, also für Fragen von Anlegerschutz und Machtbeschränkung der Firmenführung.

Die Vereinten Nationen haben den Zugang zu sauberem Wasser zu einem Menschenrecht erklärt

Gegner von Wasserinvestments argumentieren zudem, dass der Zugang zu sauberem Wasser ein 2010 von der UNO anerkanntes Menschenrecht sei, an dem die Branche dann verdiene. Allerdings: In der UNO-Resolution wird zwar eine rasche Umsetzung des Menschenrechts gefordert, es wird aber eine Beteiligung privater Unternehmen an der Umsetzung nicht ausgeschlossen, solange „angemessene Wassertarife“ gewährleistet sind. Aus der Branche selbst wird gekontert, dass Wasser einen Preis brauche, um einen sparsamen Umgang mit der Ressource zu erzwingen – und dass bei traditionell leeren öffentlichen Kassen eine private Beteiligung an der Erneuerung maroder Infrastrukturen und an der Entwicklung neuer Techniken zwingend notwendig sei.

Singapur muss große Teil seines Wasserbedarfs importieren

Die Herausforderungen sind jedenfalls enorm. 1,2 von sieben Milliarden Menschen leben in Gebieten mit teilweise extremer Wasserknappheit. Einzelne Länder wie Singapur oder Jordanien müssen einen großen Teil ihres gesamten Wasserbedarfs importieren. Länder wie Israel, wo ein Liter Orangensaft billiger ist als ein Liter Trinkwasser, wollen kurzfristig bis zu 50 Prozent ihres Süßwasserbedarfs durch Entsalzungsanlagen decken. Die Wasser-Experten von SAM Robeco schätzen, dass die Nachfrage nach entsalztem Wasser in wenigen Jahren von heute sechs auf dann zwölf Millionen Kubikmeter pro Tag explodieren wird. Das Problem: Viele innovative junge Firmen sind nicht an der Börse, sodass Investitionen nur über unternehmerische Beteiligungen möglich sind.

Das Berliner Start-up Akvola entsalzt Meerwasser

Das junge Berliner Unternehmen Akvola, das im Meerwasser die Lösung der Süß- und Trinkwasser-Probleme der Zukunft sieht, hat zum Beispiel eine neue Technologie entwickelt, die die komplizierte Reinigung des Meerwassers vor der eigentlichen Entsalzung vereinfacht und mit geringerem Energieaufwand umsetzt. Auch die Bank Sarasin hält Entsalzungstechniken für einen Milliardenmarkt, denn bereits in zehn Jahren könnten „zwei Drittel der Menschheit temporär von Wasserknappheit betroffen sein“. Aktuell haben 880 Millionen Menschen keinen direkten Zugang zu frischem Wasser. Und ein Drittel der Menschheit lebt ohne Zugang zu sanitären Anlagen. Gleichzeitig werden bis 2050 durch das starke Wachstum der Weltbevölkerung wohl weitere zwei Milliarden Menschen auf Wasser angewiesen sein, das derzeit zu 70 Prozent in die Landwirtschaft und zu 20 Prozent in die Industrie fließt.

Der Mittelstand in den Schwellenländern verbraucht immer mehr Trinkwasser

Auch in vielen Schwellenländern entwickelt sich ein immer stärkerer Mittelstand, der mehr und anders konsumiert und dabei deutlich mehr Wasser verbraucht: Dort wird zum Beispiel gern Kaffee getrunken, Fleisch gegessen und Kleidung gekauft. Doch bis ein T-Shirt im Laden hängt, verschlingen das Wachstum der Baumwollpflanze und die Produktion etwa 1000 Liter Wasser. Für jedes Kilo Rindfleisch sind 15 000 Liter nötig. Jeder Deutsche wiederum muss damit leben, dass die 165 Liter Kaffee, die er in einem Jahr trinkt, gut 64 000 Liter Wasser verprassen. Gleichzeitig ist die Wasser-Infrastruktur an vielen Stellen defekt: So versickern mancherorts bis zu 55 Prozent des Trinkwassers unterirdisch, vor allem in den USA, in London und in Asien.

Es geht nicht nur ums Investieren sondern auch ums Sparen

Der Investitionsbedarf in punkto Wasser ist ebenso riesig wie das Sparpotenzial. Um den zusätzlichen Bedarf einer wachsenden Bevölkerung aufzufangen, sind nach einer Studie von db Research weltweit Investitionen von einer halben Billion Euro nötig, und zwar jedes Jahr. Die Schweizer Vermögensverwaltung Swisscanto, die den Equity Fund Water managt, glaubt, dass neben der Wasseraufbereitung vor allem das Thema effiziente Wassernutzung vor einer großen Zukunft stehe. Microbewässerungssysteme in der Landwirtschaft könnten etwa bis zu 80 Prozent Wasser sparen. Die meisten Fonds investieren auch in Firmen wie Xylem, deren Pumpen und Filtrationstechnik vor allem in den Emerging Markets gefragt sind, in Consolidated Water, die in der Karibik Meerwasser entsalzen, oder in Calgon Carbon, die das Wasser mit UV-Licht und Kohlenstoff reinigen.

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