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Alleinunterhalter? Oliver Samwer, CEO von Rocket Internet.

© REUTERS

Wechsel im Vorstand: „Oliver Samwer wird immer mehr zum Alleinunterhalter bei Rocket Internet“

Im zweiköpfigen Vorstand von Rocket Internet gibt es einen Wechsel. Nun kritisieren Aktionärsschützer die Personalpolitik des Berliner Unternehmens.

Aktionärsschützer haben die Umstellungen im Vorstand von Rocket Internet scharf kritisiert. "Oliver Samwer wird immer mehr zum Alleinunterhalter bei Rocket Internet", sagte Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger dem Tagesspiegel.

Das Berliner Unternehmen Rocket Internet hatte am Montag bekannt gegeben, dass Alexander Kudlich seinen Posten als Vorstandsmitglied auf eigenen Wunsch aufgibt. Der Vorstand des Unternehmens ist ungewöhnlich klein, neben Rocket-Chef Oliver Samwer gibt es dort nur ein weiteres Mitglied.

Kudlich wird nun ersetzt vom 31-jährige Soheil Mirpour, der seine berufliche Karriere bei Rocket Internet begann und anschließend bei Morgan Stanley im Investmentbanking und beim Finanzinvestor KKR im Bereich Private Equity arbeitete. 2017 kehrte er zu Rocket zurück. Kudlich wiederum kam 2011 als Geschäftsführer ins Unternehmen und war seit 2014 im Vorstand.

"Ein Unternehmen von der Größe wie Rocket Internet, das ja sogar im M-Dax ist, braucht einen unabhängigen Finanzvorstand, der vom Aufsichtsrat eingesetzt ist und auch nur vom Aufsichtsrat wieder abgesetzt werden kann", sagte Aktionärsschützer Kunert. Rocket vertrage auf jeden Fall ein drittes Vorstandsmitglied. "Der Aufsichtsrat muss endlich seine Untätigkeit beenden und handeln", fordert Kunert.

Änderung des Geschäftsmodells

Insider bewerten die Personalie als Zeichen für die veränderte Strategie von Rocket. Denn das Unternehmen von Gründer und CEO Oliver Samwer agierte lange Jahre als Inkubator für Start-ups. Es brachte erfolgreiche Unternehmen wie Zalando, Hello Fresh oder Delivery Hero hervor, die aber teilweise längst auf eigenen Beinen stehen. Kudlich ist eng mit diesem Geschäftsmodell verknüpft.

Neugründungen in jüngerer Vergangenheit etwa im Cannabis-Markt und mit Zahnschienen wurden allerdings schnell wieder eingestellt. Stattdessen betätigte sich Rocket zuletzt vermehrt als Finanzinvestor. Mirpour, so heißt es in der Szene, sei in diesen Fragen ein enger Vertrauter von Samwer und stünde damit für die neue Ausrichtung der einstigen Start-up-Schmiede.

"Kurs leidet unter schlechter Kommunikation"

Dass es hier bei Gerüchten von Insidern bleiben muss und keine offizielle Erklärung zur Strategie vorliegt, ist laut Kunert Teil der Baustellen von Rocket Internet. "Es ist ein grundsätzliches Problem von Rocket Internet, dass die Kommunikation unprofessionell geführt wird", meint der Aktionärsschützer. Darunter leide auch der Kurs.

Als beispielsweise vor einigen Monaten die Gerüchte die Runde machten, Rocket soll von der Börse genommen werden, habe es viel zu lange gedauert, ehe eine indirekte Meldung auftauchte, dass derzeit kein Delisting geplant sei. "Hier hätte Samwer oder Rocket einfach zeitnah eine Mitteilung herausgeben müssen, dass Rocket selbstverständlich an der Börse bleibt", meint Kunert.

Bei Rocket Internet wurde die geringe Zahl von nur zwei Vorständen bislang damit begründet, dass die zweite Reihe so gut besetzt sei, dass kein größerer Vorstand unnötig sei. Die Börse reagierte positiv auf die Personalien. Am Montag-Nachmittag lag die Aktie mit gut drei Prozent im Plus.

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