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Wirtschaftswunder 4.0. Mit diesem Slogan wirbt T-Systems auf Messen. Vorbereitet werden solche Messen in dem Unternehmen auch über ein firmeninternes Social Network, in dem alle Mitarbeiter selbstständig Communities einrichten können. Dort findet tagtäglich Wissensaustausch und „Mikrolernen“ statt.

© Peter Steffen/dpa

Weiterbildung: Auf dem Schirm

Um ihre Mitarbeiter fortzubilden, setzen Unternehmen zunehmend auf E-Learning, firmeninterne soziale Netzwerke und andere digitale Konzepte.

Industrie 4.0, Arbeit 4.0, diese Schlagwörter liest man fast täglich. Der digitale Umbruch betrifft aber nicht nur die Art und Weise, wie wir arbeiten, sondern auch wie wir lernen. Für viele Arbeitnehmer ist es heute schon normal, den größten Teil ihrer täglichen Arbeitszeit vor Rechenmaschinen zu verbringen und ihr Tagwerk mit verschiedensten digitalen Werkzeugen zu verrichten. Wie aber sieht es mit der Weiterbildung in Unternehmen aus? Findet auch das Lernen für den Beruf digital statt? Ist es gänzlich vorbei mit gemeinsamen Lern-Ausflügen mit den Kolleginnen und Kollegen, auch Fortbildung genannt? Wie weit ist die Entwicklung in den Unternehmen?

Eine zentrale Erfassung der betrieblichen Aktivitäten existiert nicht, die jährliche Weiterbildungserhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zum Beispiel verfügt dazu bisher nur über wenige pauschale Angaben. Erste Studien bieten Näherungswerte: 66 Prozent der Großunternehmen und immerhin 55 Prozent der KMU setzen E-Learning bereits ein, haben das Institut für Medien- und Kompetenzforschung (MBB) und die Haufe Akademie in einer Befragung von rund 200 Personalexperten aus Unternehmen 2014 festgestellt. Nur 11 Prozent der Großen, aber immerhin 28 Prozent der KMU planen auch in Zukunft keine Online-Lernformen. Wie zu erwarten, schätzen Unternehmen vor allem die räumliche und zeitliche Flexibilität, es folgen Zeit- und Kostenersparnis sowie individualisiertes Lernen als weitere Vorteile. Die meisten digitalen Lernangebote werden als Web Based Training umgesetzt (66 beziehungsweise 72 Prozent). Bei den Befragten ebenfalls recht verbreitet sind Webinare, virtuelle Klassenräume, Wikis, interne soziale Netzwerke und das Blended Learning als Mischform von Online- und Präsenz-Lernen. Andere Formen wie zum Beispiel Serious Games oder Mobile Learning auf Smartphone oder Tablet sind erst im Kommen.

Bei großen Technologiefirmen gehört E-Learning zum Alltag

Für die großen Technologieunternehmen, die weltweit vernetzt sind, gehört E-Learning zum Alltag. Bei T-Systems hat Gregor Schmitter, der dort die Personalentwicklung leitet, ermittelt: 48 Prozent aller Lernstunden der rund 21500 Mitarbeiterinnen in Deutschland finden digital gestützt statt. „Digitalisierung ist unser Geschäft, digital gestütztes Arbeiten bei uns der Normalfall und deswegen ist digitales Lernen einfach ein Teil davon“, sagt der HR-Fachmann. Einen großen Teil nehmen Produktschulungen, etwa für die Mitarbeiter in den Telekom-Shops, ein. Aber auch fachliche Unterweisungen zu Compliance, Datenschutz oder Brandschutz werden als digitale Häppchen direkt an den Arbeitsplatz geliefert.

Softwareentwickler sind gewohnt, in bundes- oder weltweit verteilten Teams vor allem digital miteinander zu arbeiten, über Mails, Video- und Telefonkonferenzen. Weitere Kommunikationskanäle bietet das firmeninterne Social Network, in dem alle Mitarbeiter selbstständig Communities einrichten können, zum Beispiel um eine Messe gemeinsam vorzubereiten. Hier findet tagtäglich Wissensaustausch und „Mikrolernen“ statt. Man entdeckt Wissenslücken und erfährt von anderen, wie man sie schließen kann. Hierarchien spielten hierbei keine Rolle, meint der Unternehmenssprecher der Telekom, Christian Fischer.

Informelles Lernen ist auf dem Vormarsch

Gregor Schmitter, der außerdem im Gesamtkonzern Telekom für den Ausbau der Online-Lernformen zuständig ist, sieht das informelle Lernen auf dem Vormarsch. Und das ist auch gut so, denn hierbei lernt man mehr als in klassischen Seminaren. Deswegen fahndet er nach immer mehr Möglichkeiten des digitalen Lernens. Zwar gebe es auch Grenzen, „auf Mobilfunk-Masten muss man raufklettern und Glasfaserkabel spleißen muss man in der Werkstatt üben“, aber auch Kommunikationsseminare könnten seiner Meinung nach digital gestützt stattfinden.

Für anspruchsvollere Inhalte sind Blended-Learning-Angebote oft der Königsweg. Die Vor- und Nachbereitung findet online und zeitlich flexibel statt, dazwischen treffen sich die Teilnehmer für zwei bis drei intensive Präsenztage. „Hochqualifizierte Kräfte lernen nur noch in Situationen, die sehr nah an der beruflichen Realität ausgerichtet sind“, weiß Schmitter. „Wir setzen Reality-Simulationen ein für unsere Projektmanager, zum Beispiel der Ankauf eines neuen Unternehmens und dessen Integration in den Telekom-Konzern. Das findet im direkten Austausch statt.“

Das Budget wird anders eingesetzt

Bedeutet E-Learning Kosten zu sparen? Aus der Sicht des Telekom-Personalexperten eher nicht, zwar gebe es weniger Ausfallzeiten, weniger Reisekosten und nebenbei auch weniger CO2-Emissionen, aber das Budget werde nicht kleiner, sondern nur anders eingesetzt. Digitale Tools wie Lernplattformen bedeuten ja auch Anfangsinvestitionen.

Die Lindner Hotels & Resorts, ein familiengeführtes Unternehmen mit 33 Hotels in sieben Ländern hat eine eigene preisgekrönte Lernplattform entwickelt, über die alle rund 2000 Angestellten geschult werden können. Papierne Übergabelisten an den jeweiligen Standorten gehören der Vergangenheit an, Mitarbeiter-Ideen können schnell und unkompliziert diskutiert und umgesetzt werden. „Dank unserer selbst entwickelten E-Learning-Plattform können alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an den verschiedenen Standorten individuell und unkompliziert gefördert und die Trainings zeitlich und örtlich flexibel absolviert werden“, diese Vorteile weiß Dominique Marie Kurth, Corporate Trainings Coordinator, sehr zu schätzen, denn im Hotelgewerbe dominieren Schichtdienste und Saisonschwankungen. „Personalarbeit wird durch digitale Instrumente insgesamt schnelllebiger“, sagt Kurth. „Die Mitarbeiter wollen von überall auf Informationen und Wissensdatenbanken zugreifen können, sprichwörtlich ein Teil des Netzwerks sein, in dem Wissen getauscht wird.“

Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedenfalls steigen, gefragt sind mehr Eigeninitiative und mehr Selbstdisziplin, das steht für Gregor Schmitter fest. Geboten werden dafür Lernprozesse, die immer individueller und informeller werden. Übrigens auch durch den Einsatz von Buddys, Mentoring, Tandems oder Lernpartnerschaften. So wird das informelle Lernen tendenziell formalisierter, weil es gesteuert wird. Weiterbildung und Wissensmanagement rücken enger zusammen, Arbeiten und Lernen verschmelzen immer mehr. Wahrscheinlich kann lebenslanges Lernen so am besten funktionieren.

Martina Battistini

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