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Desinfektor. An besonders kontaminierten Orten brauchen Sauberkeitsexperten einen Spezialanzug und eine Atemmaske

© Doris Spiekermann-Klaas

Weiterbildung: Kampf den Keimen

Es gibt viele unterschiedliche Fortbildungen zum Thema Sauberkeit – in Küche, Kita, Klinik, Krankenwagen und Schwimmbad. Ob Sanitäter, Erzieherin oder Student – als Desinfektor, Hygiene-Beauftragter oder Hygiene-Ingenieur hat man gute Berufschancen.

Sauberkeit ist doch ganz einfach. Da nimmt man Wasser und Reinigungsmittel und putzt den Dreck mal eben weg. So denken wohl viele über Hygiene. Doch weit gefehlt. Es gibt vieles, das man wissen muss, wen man dafür zuständig ist, für Sauberkeit zu sorgen – und Hygiene wird in vielen Bereichen des Arbeitsalltags immer wichtiger: In Kitas, Küchen und Krankenhäusern zum Beispiel.

„Starke Gerüche entstehen, wenn Bakterien organisches Material zersetzen – sowohl in Toiletten als auch in Küchen“, sagt der Reinigungsfachmann Christian Heistermann. „Um solche Zersetzungsprozesse zu stoppen, setzt man Desinfektionsmittel ein. Zum Beispiel Wasserstoffperoxid mit Silberionen – im Nebelverfahren. Das bedeutet, dass ganz feiner Sprühnebel mithilfe eines Aerosolherstellungsgeräts verteilt wird. Das Wasserstoffperoxid zerstört die Zellen des organischen Materials. Sie explodieren. Dabei sollte man eine Atemschutzmaske tragen, auch wenn Wasserstoffperoxid nicht lebensbedrohlich ist. Man kann auch Ozon verwenden, das wirkt so ähnlich. Ozonisierung ist aber sehr schädlich für die Atemwege.“

Christian Heistermann ist Spezialist für die Sauberkeit – er hat eine ganze Reihe von Qualifikationen zum Thema: Gebäudereinigungsmeister, Betriebswirt des Handwerks, Fachwirt für Gebäudemanagement und staatlich geprüfter Desinfektor. Letzteres bedeutet zum Beispiel, dass er sich vom Gesundheitsamt beauftragen lassen kann, Orte zu desinfizieren, die durch meldepflichtige Krankheiten wie Hepatitis oder Tuberkulose kontaminiert wurden. „Die Weiterbildung zum Desinfektor hat sich gelohnt“, sagt Heistermann. „Da habe ich viel zum Thema Mikrobiologie gelernt – wie Viren und Bakterien aufgebaut sind. Welche Desinfektionsstoffe man in welchem Fall auswählt. Wie man schädliche Viren und Pilze bekämpft.“

Berufschance in der chemischen Industrie

Weiterbildungen zum Thema Hygiene sind aber nicht nur für Menschen in naheliegenden Berufen wie Gebäudereiniger ein Chance: So richtet sich der Lehrgang zum staatlich geprüften Desinfektor am Hygiene-Institut Schubert, an dem Heistermann die Ausbildung absolviert hat, an Objektleiter, Vorarbeiter und Inhaber, Hauswirtschaftsleiter, Lebensmittelverarbeiter, Wäschereileiter und Mitarbeiter von Behandlungs- und Rettungsdiensten. Oft werde die Qualifikation in Ausschreibungen gefordert. Die Fortbildung sei auch „sinnvoll für artverwandte Berufe wie Hygieneingenieur, oder Schwimmmeister“ , heißt es beim Hygieneinstitut. „Die erfolgreiche Abschlussprüfung ist Grundlage für eine weitere Ausbildung zum Gesundheitsaufseher, der insbesondere bei den Gesundheitsämtern eingesetzt wird.“ Auch die Berliner Hygiene Fachschule BHFS-Health-Kolleg hat eine Desinfektorenausbildung im Programm. Neben den bereits genannten Berufsgruppen, biete der Lehrgang auch eine „Berufschance“ in der chemischen Industrie, bei Rettungsdiensten und Krankentransporten, Feuerwehren sowie in Behörden.

Die Berliner Fachschule bietet auch spezielle Weiterbildungen zu Hygienebeauftragten in verschiedenen Berufen und an unterschiedlichen Arbeitsplätzen an: in Kitas für Erzieher, im Rettungsdienst für Sanitäter, in Arztpraxen für medizinisch-technische Assistentinnen, in Pflegeeinrichtungen für Altenpfleger – und zur „hygienebeauftragten Pflegekraft in klinischen Bereichen (Link Nurse)“. Krankenschwestern und -pfleger, die diese Weiterbildung absolvieren, sollen hinterher Spezialisten in der Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Infektionen sein. Eine Qualifikation, die Aufstiegschancen verspricht und gebraucht wird. „Der Bedarf an professioneller Hygienekompetenz in den Einrichtungen des Gesundheitswesens steigt kontinuierlich an“, heißt es bei der Fachschule.

Sauber. Hände, die richtig desinfiziert wurden, leuchten unter Schwarzlicht blau. Zum Thema Hygiene geschulte Mitarbeiter sollen dafür sorgen, dass Krankenhauskeime sich nicht mehr so sehr verbreiten können – durch bessere Vorsorge.
Sauber. Hände, die richtig desinfiziert wurden, leuchten unter Schwarzlicht blau. Zum Thema Hygiene geschulte Mitarbeiter sollen dafür sorgen, dass Krankenhauskeime sich nicht mehr so sehr verbreiten können – durch bessere Vorsorge.

© Marius Becker/picture alliance / dpa

Dort verweist man auf Herausforderungen wie den SARS-Ausbruch 2003, die EHEC-Epidemie 2011, die Ebola-Epidemie 2014 und die „durch die Medien bekannt gewordenen Ausbrüche mit multiresistenten Keimen (MRSA, ESBL)“, die „alle Einrichtungen des Gesundheitswesens vor große Herausforderungen“, stellten. Tatsächlich wird geschätzt dass es allein 2012 in Berlin 36 000 vermeidbare Infektionen mit Klinikkeimen gegeben habe. In Berlin gibt es deshalb seit 2012 eine besonders strenge Infektionsschutzverordnung. Seitdem müssen Krankenhäuser zusätzliches Personal im Hygienebereich einstellen. Die Weiterbildung zur Link Nurse beinhaltet etwa klinische, mikrobiologische und epidemiologische Grundlagen, Maßnahmen beim Umgang mit infektiösen Patienten. Die Krankenschwestern lernen, wie man etwa Harnwegs- und Wundinfektionen, Pneumonie und Sepsis verhindert – und worauf sie bei Operationen, bei der Endoskopie und Dialyse, der Aufbereitung von Medizinprodukten, der Desinfektion und Sterilisation achten müssen.

Allgemeiner ist der Kurs zum Hygienemanager

Ebenfalls an Krankenschwestern, aber auch an Heimleiter, Verwaltungsfachangestellte, Hauswirtschaftsleitungen, Arzthelferinnen, Altenpfleger und Rettungsassistenten richtet sich eine etwas allgemeiner gefasste Fortbildung am Hygiene-Institut Schubert: ein viertägiger Kurs zum Hygienemanager.

Krankenhäuser stellen aber auch gern Absolventen mit einem Master in „Umwelt-, Hygiene- und Sicherheitsingenieurwesen (M.Sc.)“, der an der Technischen Hochschule Mittelhessen angeboten wird. Wer ein Diplom- oder Bachelorstudium im Bereich Umwelt- oder Verfahrenstechnik absolviert hat, kann sich für den dreisemestrigen Studiengang bewerben. Mit dem Master-Abschluss kann man dann auch in der Wasseraufbereitung, der Abwasserreinigung – oder bei Gesundheitsämtern arbeiten.

Der Beruf des Hygieneingenieurs ist aber wohl wesentlich weniger bekannt als der des Tatortreinigers. Denn über diesen Job gibt es eine mit dem Grimmepreis ausgezeichnete Fernsehserie. An der Berliner Hygiene Fachschule kann man einen Lehrgang zu dem Thema belegen: Der Kurs richtet sich an speziell ausgebildete Gebäudereiniger, Desinfektoren oder Schädlingsbekämpfer. Es ist eine Zusatzausbildung, die schon seit Jahren sehr gefragt ist.

Einer der ersten, der eine Ausbildung zum Tatortreiniger in seiner Firma anbot, ist Christian Heistermann. Eigentlich reinigt sein Unternehmen vor allem in der Gastronomie, etwa in Großküchen. Dunstabzugshauben sind eine große Herausforderung. Da gibt es viele Bakterien zu bekämpfen – man bemerkt sie am starken Geruch. Seit 2007 hat Heistermann aber auch darauf spezialisiert, Orte zu reinigen, an denen ein Mensch gestorben ist. Es gilt, Blut und andere Körperflüssigkeiten von Fußboden, Möbeln und Wänden zu beseitigen. Oft haben die Toten lange unentdeckt an diesen Orten gelegen, etwa wenn sie in ihrer Wohnung gestorben sind. Tatorte eines Verbrechens sind auch dabei, wenn auch nicht ganz so oft. Meist sind die Menschen bei einem Unfall, Selbstmord oder eines mehr oder weniger natürlichen Todes gestorben.

Plötzlich war Tatortreiniger ein begehrter Beruf

„Wir hatten auch schon einen Todesfall mit Hepatitis A, da haben wir ein anderes Desinfektionsverfahren angewandt als sonst.“ Die TV-Serie wurde erst gedreht, nachdem Heistermann schon einige Jahre unter dem Namen „Tatortreiniger“ firmierte. Mit dem interessanten Namen geriet er schon 2007 in einen Medienhype: Privatsender zeigten eine Doku-Soap über die Ausbildung zum Tatortreiniger in seiner Firma. Und plötzlich wollten viele Leute Tatortreiniger werden. 80 Bewerbungen auf drei bis fünf Ausbildungsplätze bekommt Heistermann pro Jahr. Ein Job, der eigentlich ekelhaft und unerfreulich ist, wurde auf einmal zum Traumberuf.

Zehn von Heistermanns 45 Mitarbeitern sind inzwischen darin zusätzlich geschult. 40 bis 50 Tatorte hat die Firma seit 2007 gereinigt. „Bei der ersten Tatortreinigung habe ich noch viel falsch gemacht. Wir waren zu leichtsinnig mit den Materialien.“ Seit der Weiterbildung zum Desinfektor ist das anders: „Wir haben die Geruchsbekämpfung weiter ausgebaut. Mittlerweile krieg ich die Gerüche bis zu 99 Prozent weg.“

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