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Welthandelsorganisation: WTO-Gespräche vorläufig gescheitert

Nach fast fünf Jahren zäher Verhandlungen sind die Welthandelsgespräche vorerst gescheitert. WTO-Generaldirektor Pascal Lamy empfahl den Mitgliedsländern eine "Aussetzung" der Runde auf unbestimmte Zeit.

Genf - Zurzeit gebe es offenbar nicht den politischen Willen für echte Verhandlungen, sagte Lamy. Mehrere Länder machten die USA für das Scheitern der Gespräche verantwortlich. Zuvor war ein neuer Einigungsversuch zwischen sechs der wichtigsten WTO-Mitglieder fehlgeschlagen. Sie hatten seit Sonntag nach einem Ausweg aus den festgefahrenen Verhandlungen gesucht.

"Lassen Sie mich das klarstellen», sagte Lamy. «Heute gibt es keine Gewinner und keine Verlierer in dieser Runde, sondern es gibt nur Verlierer.» Auf die Frage, wann die Gespräche wieder aufgenommen werden könnten, sagte der WTO-Chef, die Zeit sei gekommen, wenn die WTO-Mitglieder so weit seien. Wann das sei, könne er nicht sagen. «Der Ball liegt jetzt auf ihrer Seite.»

Seit Sonntag hatten die Vertreter der Handelsnationen Australien, Brasilien, Indien, Japan und der USA sowie der Europäischen Union nach einem Ausweg aus den festgefahrenen Verhandlungen gesucht. Die EU-Kommission verhandelt bei der WTO im Namen aller 25 EU-Staaten. Am Montag war auch diese Runde gescheitert.

Die so genannte Doha-Runde war 2001 eingeführt worden, um vor allem Markteintrittsbarrieren für die Entwicklungs- und Schwellenländer zu beseitigen. Die Industriestaaten verlangten allerdings im Gegenzug für den Abbau ihrer Exportsubventionen, ihrer direkten Agrarbeihilfen und Zölle, dass die ärmeren Länder ihre Märkte stärker für Industrieprodukte des Nordens öffnen. Zum Schluss waren insbesondere die USA nicht bereit, ihre Schutzmechanismen für bestimmte Agrarprodukte zu lockern.

EU-Handelskommissar Peter Mandelson kritisierte, die USA seien «nicht zu den geringsten Konzessionen» bereit gewesen. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) beschuldigte indirekt Washington und seinen «mangelnden Willen, entsprechende Reformbeiträge im Bereich der internen Agrarstützung zu leisten». Der indische Handelsminister Kamal Nath sagte, «bis auf ein Land» hätten sich alle bewegt und Angebote auf den Tisch gelegt. Die US-Handelsbeauftragte Susan Schwab erklärte dagegen, dass ihr Land einem «robusten, ehrgeizigen und ausgewogenen» Ergebnis der Doha-Runde verpflichtet bleibe.

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sprach von einem «schwerwiegenden Versagen der internationalen Gemeinschaft». Alle Beteiligten seien aufgefordert, einen neuen Anlauf zu unternehmen. «Ein fairer Welthandel ist für die Menschen in den Entwicklungsländern lebensnotwendig.» Durch einen erfolgreichen Abschluss hätten sie 200 Milliarden Dollar erzielen können, erklärte die Ministerin in Berlin.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bedauerte das Scheitern der WTO-Runde. Die exportorientierte deutsche Industrie hätte von einem weltweiten Abbau von Handelshemmnissen und stärkeren WTO-Regeln enorm profitiert.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac und andere Nichtregierungsorganisationen zeigten sich dagegen zufrieden. Die großen Industrieländer hätten ausschließlich auf die Interessen ihrer großen Konzerne und ihrer Verbände gepocht und sich vollständig auf ihre Forderung nach Zollsenkungen für Industriegüter fixiert, erklärte Alexis Passadakis von Weed.

Der Greenpeace-Handelsexperte Daniel Mittler erklärte, das Verhalten der USA sei «eine Ungeheuerlichkeit». Die Klärung der Handelsregeln und Umweltabkommen müsse einer unabhängigen Instanz wie dem Internationalen Gerichtshof oder der Völkerrechtskommission der Uno übertragen werden. (tso/AFP)

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