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Schweinsteiger mit einem Kollegen aus dem Beraterteam.

© AFP

Weltmeister als Vorbild: Was Unternehmer von der Nationalelf lernen können

Die Nationalmannschaft hält zusammen. Das ist vor allem das Verdienst von Bundestrainer Joachim Löw. Er macht Unternehmern vor, wie man Teams motiviert.

Von Carla Neuhaus

Manuel Neuer wird als bester Torhüter der WM gefeiert – und bleibt doch bescheiden. „Es geht nicht um mich“, sagt er im Fernsehinterview kurz nach dem WM-Sieg. „Es geht um die Mannschaft und das Team hinter dem Team.“ Es sind Worte, die aufhorchen lassen. Die zeigen, wie groß der Zusammenhalt in der Mannschaft ist. Zu verdanken ist das Bundestrainer Joachim Löw. Spätestens seit dem WM-Sieg ist er ein Vorbild – auch für Unternehmer. Die können von ihm einiges lernen, meint Kerstin Hof, die Mittelständler in Fragen der Personalführung berät. „Man muss die Mitarbeiter mit der eigenen Begeisterung anstecken“, sagt sie. So, wie es dem Bundestrainer gelungen ist.

„Joachim Löw ist ein Beziehungsarbeiter“, sagt Hof. Er habe Vertrauen zu den Spielern aufgebaut und langfristig gedacht, statt sich von Spiel zu Spiel zu hangeln. Am Ende habe sich das ausgezahlt. Aus vielen Einzelpersönlichkeiten hat er eine Mannschaft geformt, die an einem Strang zieht. Die auch diejenigen ehrt, die auf der Ersatzbank sitzen oder die, die an der WM erst gar nicht teilnehmen konnten. So hielt Torschütze Mario Götze nach dem Finale das Trikot von Marco Reus in die Kameras, der sich im Vorbereitungsspiel verletzt hatte.

Das Betriebsklima ist wichtiger als das Gehalt

Einen solchen Teamgeist wünscht sich manch ein Chef auch für sein Unternehmen. Längst hat sich in der Wirtschaft die Meinung durchgesetzt, dass eine Firma nur Erfolg hat, wenn die Mitarbeiter zusammenhalten. Ein gutes Betriebsklima motiviert Angestellte mehr als ein hohes Gehalt, zeigt eine Untersuchung der Personalberatung Hay Group.

Und für dieses Betriebsklima lassen sich die Unternehmen viel einfallen. So wie die Berliner Beratungsfirma Partake. In ihren Büroräumen sind alle Tische und Wände beschreibbar. Wer eine Idee hat, soll sie schnell notieren können. Und wer einfach nur mal schnell einen lustigen Spruch hinkritzeln will – auch okay. Derzeit plant die Firma, für ihre Mitarbeiter im Büro eine Kletterwand einzubauen. „Um kreativ zu sein, braucht man auch die Möglichkeit, schnell auf andere Gedanken zu kommen“, sagt Andreas Mack, der bei Partake Mitglied im Management-Team ist.

Was flache Hierarchien einem Unternehmen bringen

Woanders stünde auf seiner Karte wohl so etwas wie Managing Director. Doch auf solche Bezeichnungen verzichtet die Beratungsfirma bewusst. Einen Chef gibt es nur auf dem Papier. Die Urkunde von Vorstand Jürgen Erbeldinger hängt auf dem Klo: Als Zeichen dafür, wie unwichtig sie ihm ist.

„Wir wollen den Mitarbeitern nicht vorschreiben, was sie arbeiten“, sagt Mack. Und das funktioniert – weil keiner den anderen hängen lassen will. Statt wie die großen Beratungsfirmen auf mehrere Führungsebenen vom Fellow bis zum Partner zu setzen, gibt es in der Berliner Firma eine flache Hierarchie. Ähnlich wie in der Nationalmannschaft, in der die Ersatzspieler ebenso wertgeschätzt werden wie die Spieler der Start-Elf.

Warum die Zeit der Alphatiere vorbei ist

Schweinsteiger mit einem Kollegen aus dem Beraterteam.
Schweinsteiger mit einem Kollegen aus dem Beraterteam.

© AFP

Das zeigt: Auf dem Fußballplatz wie in der Wirtschaft setzt sich eine neue Form der Unternehmensführung durch. Noch vor zehn Jahren galt in vielen Organisationen Mitgefühl als Makel. Wer als Chef Rücksicht auf andere nahm, wurde schnell als Weichei verspottet. Vorstandschefs, die dagegen mit eisernem Willen und ohne Rücksicht auf Verluste im Unternehmen durchregierten, wurden als „Alphatiere“ gefeiert.

Dass das nicht mehr zeitgemäß ist, lässt sich allein schon daran ablesen, wie oft Vorstandschefs heute an den Teamgeist ihrer Mitarbeiter appellieren. Zum Beispiel Siemens-Chef Joe Kaeser. Kurz nach seiner Ernennung kündigte er an, „ein Hochleistungsteam zu formen“. Immer wieder spricht er seitdem von seinem „Team Siemens“. Auch die Deutsche Bank setzt auf diesen neuen Gemeinschaftsgedanken. Die beiden Co-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen treten bewusst als Team auf. Ein Team, das so gut zu harmonisieren scheint, dass Fitschens Vertrag, der 2015 auslaufen sollte, zwei Jahre verlängert wurde. Und: Jain und Fitschen haben dem Konzern einen Wertekodex verordnet. Darin heißt es, die Deutsche Bank setze auf eine Kultur, die „Teamarbeit und Kollegialität belohnt“. Von ihren Führungskräften erwarteten sie, „dass sie durch ihr Verhalten am Arbeitsplatz ein Vorbild sind“.

Warum Unternehmer auf Teamarbeit setzen

Die Unternehmen tun das nicht aus Gutmenschentum. Angesichts des Fachkräftemangels haben sie gar keine andere Wahl, sagt Ursula Dehler, die in Berlin Führungskräfte berät. „Es wird schwieriger, junge Menschen ans Unternehmen zu binden.“ Und der Nachwuchs lege viel Wert auf ein gutes Betriebsklima. Die Bundesregierung hat den Handlungsbedarf erkannt. Sie hat ein Programm namens „Unternehmenswert: Mensch“ aufgelegt: Darüber fördert sie mittelständische Unternehmen, die ihre Führungskräfte weiterbilden wollen. In diesen Coachings sollen die Chefs zum Beispiel lernen, wie sie Mitarbeiter in  Entscheidungen einbeziehen, wie sie sie motivieren und gezielt fördern.

Denn: Der Wunsch nach einer Team-Atmosphäre lässt sich oft nicht in die Realität umsetzen. Das Problem liegt nach Ansicht von Reinhard Sprenger auch in der Bezahlung. Zwar würde von den Mitarbeitern immer gefordert, teamfähig zu sein. „Aber belohnt wird individuelle Leistung“, schreibt der Coach in seinem Buch „Gut aufgestellt: Fußball-Strategien für Manager“. Statt Einzelnen einen Bonus zu zahlen, sollte man Mitarbeiter am Gewinn beteiligen. „Wenn Sie Mannschaftsleistung wollen, dann müssen Sie die Mannschaftsleistung belohnen“, schreibt Sprenger. Eben so wie bei der Nationalmannschaft: Alle Spieler – auch die Ersatzkandidaten – bekommen nun eine Prämie in Höhe von 300 000 Euro.

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