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Ein Goldring auf einem kleinen Goldbarren.

© dpa

Weltweiter Reichtum: "Nur die Einkommen der Reichsten steigen noch"

Wer hat am meisten im Land? Schwer zu sagen, denn das richtig große Geld ist gut versteckt. Trends sind dennoch zu entdecken, sagt Stefan Bach vom Wirtschaftsforschungsinstitut DIW.

Herr Bach, lässt sich der Superreichtum überhaupt berechnen? Das richtig große Geld ist doch das berühmte scheue Reh?

Das Vermögen der Superreichen können wir nur grob schätzen, weil es dazu keine ausreichend brauchbaren Daten gibt. Haushaltserhebungen wie das von uns im DIW erstellte Sozio-oekonomische Panel (SOEP) oder die HFCS-Untersuchung der europäischen Zentralbanken erfassen viel zu wenige wirklich Reiche. Denn die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland besitzen schätzungsweise zwei Drittel, das reichste eine Prozent ein Drittel der Vermögen. Und diese Leute lassen sich bei freiwilligen Befragungen auch kaum erreichen.

Ohnehin sind Deutsche, wenn es um ihre Finanzen geht, zugeknöpft, und bei den Reichen nimmt das noch zu, wie zumindest US-Erhebungen zeigen. Die Vermögensteuer, bei der vor allem die Reichen erfasst wurden, ist 1997 abgeschafft worden. Aber schon damals hat sie nichts getaugt, weil die Grundstücke viel zu niedrig bewertet wurden und die Unternehmen auch. Und die Erbschaftssteuer hat wenig Aussagewert, weil da gerade die Superreichen mit ihrem Betriebsvermögen und Unternehmensbeteiligungen meist steuerfrei bleiben.

Fazit: Man weiß nichts Genaues. Eine grobe Schätzung zum Gesamtvermögen gibt es aber in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, eine Art volkswirtschaftlichem Rechnungswesen. Zahlen zum Finanzvermögen erheben die Zentralbanken, weltweit der IWF, der auch auf die Schwellenländer schaut. Und es gibt die Reichenlisten von Forbes etc. Und wer will, kann auch an den Mondpreisen für Kunst ablesen, dass weltweit viel Geld vagabundiert, das Anlagemöglichkeiten sucht.

Aber der Trend stimmt – die Reichen werden immer reicher und sogar die Mittelschichten ärmer?

Bei aller Vorsicht: Der Trend ist plausibel. Die Einkommen steigen seit 15 Jahren im Wesentlichen nur noch bei den reichsten 10 Prozent und vor allem bei den reichsten 1 Prozent. Da das die Leute sind, die das Vermögen haben und viel sparen, steigt die Vermögenskonzentration logischerweise. Die Vermögenskonzentration der letzten Jahre dürfte sich durch die Niedrigzinsen noch mal kräftig verstärkt haben. Unternehmensbeteiligungen und Immobilien haben stark zugelegt. Die hat die Mittelschicht in Deutschland nicht.

Der durchschnittliche Deutsche wohnt zur Miete, kann also von steigenden Immobilienpreisen kaum profitieren. Die Anlagen der Mittelschicht, Sparguthaben und Lebensversicherungen sowie die Betriebsrente, bringen kaum noch Zinsen, real schmelzen sie dahin. Die Niedrigzinsen sind sozusagen eine Vermögensteuer für die Mittelschicht, es wird kräftig von den den Gläubigern zu den Schuldnern umverteilt. Aber die ständige Aufregung über die hohe Vermögenskonzentration ist auch übertrieben.

Wieso?

Das Bild ist verzerrt, weil der Sozialstaat außen vor bleibt. Wenn Sie die Sozialansprüche der Deutschen in die Rechnung nehmen, wie das mein Kollege Markus Grabka gemacht hat, dann wird die Vermögenskonzentration deutlich weniger dramatisch. Wer zehn Jahre lang Hartz IV bezieht, hat immerhin fast 100.000 Euro bekommen. Eine Durchschnittsrente beläuft sich, wenn man sie 20 Jahre lang bezieht, schnell auf 300.000 Euro. Diese Sicherungssysteme sind zum Beispiel im Süden Europas viel schwächer oder sie existieren gar nicht. Das sollte man berücksichtigen, wenn auf die hohen Immobilienvermögen durchschnittlicher italienischer oder griechischer Haushalte hingewiesen wird. Denn dort ist die eigene Wohnung ein Stück Alterssicherung. Umgekehrt gilt: Wenn die Mittelschichten wie in Deutschland hohe Steuern und Abgaben für den Sozialstaat zahlen, haben sie weniger Geld in der Tasche für eigene Vermögensbildung.

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