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Wirtschaft: Weltwunder aus Velten

Die Wall AG hofft auf Millionenaufträge für Toilettenhäuschen – und ein wenig Unterstützung von Berlin

Hans Wall hebt den rechten Arm und zieht ihn dann so runter, als würde er eine Bohr- oder Fräsmaschine bedienen. „Jetzt gehen wir mal in die Produktion. Mal sehen, ob Sie noch an einer Maschine arbeiten können, Herr Senator.“ Harald Wolf nickt grinsend zum knapp einen Kopf kürzeren Vorstandsvorsitzenden der Wall AG herunter. Die Stimmung ist gut an diesem Donnerstagnachmittag in Velten, ein paar Kilometer nördlich von Berlin, wo Wall mit knapp 300 Mitarbeitern Stadtmöbel und Werbeflächen produziert. Und wo große Pläne ausgeheckt werden.

Viele deutsche Städte schreiben öffentliche Toiletten, Wartehallen und Werbeflächen aus. „In den nächsten fünf Jahren könnten wir 500 Millionen Euro investieren und drei- bis viermal so groß werden wie heute“, sagt Hans Wall zum staunenden Berliner Wirtschaftssenator. Auch der Börsengang wäre dann wieder ein Thema. Allein der Zuschlag für Hamburg hätte ein Volumen von 100 Millionen Euro. „Aber wenn Sie Hamburg gewinnen, bleiben Sie trotzdem in Berlin?“, vergewissert sich Wolf vorsichtig. „Wir sind ein Berliner Mittelständler“, sagt Wall. Der weiß, wo er hingehört, und kommt nicht auf dumme Gedanken wie ein Bahnkonzern.

Wall ist heute mit 660 Mitarbeitern – davon 550 in Deutschland – in 60 großen Städten in sieben Ländern tätig. Den Besuch des Senators nutzt der Unternehmensgründer zur Bekanntgabe eines Großauftrags aus Istanbul. In den kommenden zehn Jahren wird Wall dort einen Werbeumsatz von 100 Millionen Euro erwirtschaften. Wolf gratuliert, und Wall bedankt sich für die Hilfe des Regierenden Bürgermeisters, der einen Besuch in Istanbul im vergangenen Jahr für Lobbyarbeit genutzt hat.

Ansonsten kümmert sich Wall um Aufträge selbst. Als der Moskauer Bürgermeister vergangenen Herbst Düsseldorf besuchte, ließ Wall über Nacht eine seiner neuen Toiletten an den Rhein transportieren und vor dem Hotel der Moskauer Delegation aufbauen. Denn mit Moskau wird über die Lieferung von 100 City-Toiletten zum Stückpreis von 200 000 Euro verhandelt. „Dadurch werden wir noch viele Städte gewinnen, Herr Senator“, zeigt sich Wall vom Erfolg der neuen Anlage überzeugt.

Bislang steht der Toilettencontainer nur in Freiburg, nicht jedoch in Berlin, obgleich die Stadt eine „Showroomfunktion“ für Produkte aus der Region hat, wie Wolf meint. Am liebsten sehe er das schicke Klo auf dem Potsdamer Platz, sagt Wall und beklagt den Widerstand der zuständigen Stadträtin des Bezirks Mitte. „Wir notieren uns das mal“, sagt Wirtschaftssenator Wolf. Viel wichtiger ist für Wall die Unterstützung des Senators im Fall VVR Berek, der Reklametochter der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die vermutlich in diesem Jahr verkauft wird. „Das würde schon Arbeitsplätze schaffen, bei der BVG und bei Wall“, verspricht Wall dem Senator. Falls sein Unternehmen den Zuschlag bekommt und nicht der große Konkurrent aus Köln. Wolf lächelt.

Mit der Ausrüstung weiterer Städte (Wall: „Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“) wäre dann auch die Grundlage für die Erweiterung des Veltener Werks gegeben. Ein Fertigungsstandort im Ausland kommt überhaupt nicht in Frage. „Es ist nicht wahr, dass es in Berlin schlechte Firmen gibt“, sagt der Vorstandschef mit Blick auf die gut 30 Wall- Lieferanten und zur Freude des Senators. „Unser Produktionswerk mit dem einzigartigen Know-how bringt uns nach vorne.“ Deshalb habe „der starke Mittelständler aus Berlin“ ja auch den Zuschlag für die Stadtmöbel in Boston bekommen und nicht die „Milliardenkonzerne“ aus aller Welt. Vom „Weltwunder in der Außenwerbung“ spricht Wall. Und Wolf grinst und freut sich schweigend mit.

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