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Wirtschaft: Wenig Abwechslung und zu lange Texte - deutsche Reise-Sites sind enttäuschend

"Das schöne Beispiel, nach dem wir gesucht haben, gab es nicht", zieht Edgar Kreilkamp vom Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Lüneburg enttäuscht Bilanz. Mit seinem Mitarbeiter Dirk J.

"Das schöne Beispiel, nach dem wir gesucht haben, gab es nicht", zieht Edgar Kreilkamp vom Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Lüneburg enttäuscht Bilanz. Mit seinem Mitarbeiter Dirk J. Schmücker hat er alle 190 Internet-Auftritte deutscher Reisegebiete und Großstädte durchforstet. Auftraggeber der Surfarbeit war der Deutsche Tourismusverband (DTV), der gemeinsam mit der Deutschland Informations- und Reservierungs-Gesellschaft (DIRG) den ersten Wettbewerb für touristische Websites "de.stination99" ausgeschrieben hatte.

Eine fünfköpfige Jury - bestehend aus Professoren, einem Fachredakteur und Internet-Spezialisten - bewertete die Internet-Auftritte nach einem von den Lüneburgern entwickelte Kriterienkatalog. Die Anforderungen waren streng, aber nicht übertrieben pingelig.

Die Prüfer achteten beispielsweise darauf, ob die touristischen Regionen und Städte auf ihren jeweiligen Homepages herausstellten, was sie von allen Mitbewerbern unterscheidet. Marketingfachleute nennen das "Unique Selling Proposition", kurz USP. Doch um die Darstellung des "einzigartigen Verkaufsvorteils" ist es in den Internet-Auftritten des deutschen Fremdenverkehrs schlecht bestellt, "statt Einzigartigkeit werden häufig Vielfalt oder austauschbare Bilder und Angebote kommuniziert", kritisiert Kreilkamp. So fehlen dem Internet-Fachmann im Auftritt der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) ausreichende Hinweise auf die bewegte Kneipenszene der Hauptstadt, die nach seiner Ansicht "ein viel wichtigeres Verkaufsargument und ein stärkerer Reisegrund als der Bundestag" ist.

Ein wesentlicher Schwachpunkt bei vielen analysierten Websites ist auch die unkritische Übertragung von Drucktexten. Kreilkamp: "Für den Online-Gebrauch werden viel zu lange Texte produziert." Das Jurorenteam hätte "auch gerne häufiger internet-spezifische Elemente gefunden, zum Beispiel Spiele zur Abwechslung oder die Möglichkeit, durch Hyperlinks eigene Inhalte technisch problemlos mit den Inhalten anderer Anbieter zu verknüpfen". Besonders enttäuscht sind die Prüfer, dass sich die Reisebranche kaum polyglott gibt: Nur jede zehnte Homepage ist mehrsprachig verfasst. Fazit: "Jede der analysierten Sites hatte mehr oder weniger ausgeprägte Schwächen."

So musste die Jury alle Augen zudrücken, um doch noch einen Wettbewerbssieger präsentieren zu können. In der Kategorie "Regionen" wurde der Fremdenverkehrsverband Berchtesgadener Land ausgezeichnet, bei dessen Internet-Präsentation die Juroren vor allem die "sehr gute Navigierbarkeit" hervorhoben: Bereits auf der Startseite sind alle wesentlichen Elemente der Site mit einem Mausklick erreichbar. Hervorragende Navigation und ein professionelles Design bescheinigte die Wettbewerbsjury auch dem Sieger in der Kategorie "Großstädte", der Expo-Stadt Hannover.

Edgar Kreilkamp und seine Mitstreiter werden es auch künftig kaum einfacher haben. Während im Startjahr sämtliche Internet-Darstellungen deutscher Tourismusziele bewertet wurden, müssen die Teilnehmer für den Wettbewerb "de.stination 2000" eine Bewerbung einreichen. Nach den Erfahrungen, die die Messe Berlin mit ihrem renommierten Tourismusfilm-Wettbewerb Prix ITB im Rahmen der Internationalen Tourismus-Börse in zwei Jahrzehnten gesammelt hat, werden kaum mehr als zwei Dutzend Anmeldungen zusammenkommen.

Horst Schwartz

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