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Wirtschaft: Weniger Arbeitslose – und weniger Jobs

Bisher entstehen kaum neue Arbeitsplätze. Eine Trendwende erwartet die Bundesagentur im Sommer

Berlin - Die Kluft zwischen den Arbeitsmärkten in Ost- und Westdeutschland ist weiter tief: Im Mai waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit im Westen 3,046 Millionen Männer und Frauen ohne Beschäftigung. Das entsprach einer Quote von 9,2 Prozent. In den neuen Bundesländern lag die Zahl der Arbeitslosen bei 1,490 Millionen (17,4 Prozent). Bundesweit sorgte die Frühjahrsbelebung für einen überraschend deutlichen Rückgang der Arbeitslosenzahlen. Die wirtschaftlichen Impulse reichen aber nach Ansicht von Arbeitsagentur-Chef Frank- Jürgen Weise noch nicht aus, um sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzubauen. Mit einer Trendwende auf dem Arbeitsmarkt rechnet die Nürnberger Behörde im Sommer.

RÜCKGANG AUCH IN BERLIN

Bundesweit waren im Mai 4,545 Millionen Menschen ohne einen Job, das entsprach einer Arbeitslosenquote von 10,8 Prozent. Damit waren 255 000 Menschen weniger arbeitslos gemeldet als im April und 349 000 weniger als im Mai vorigen Jahres. Die Frühjahrsbelebung machte sich auch in Berlin bemerkbar: Dort waren im Mai 296 000 Menschen ohne einen Job (17,7 Prozent), das waren rund 8 900 weniger als im April. In Brandenburg ging die Zahl der Arbeitslosen um 14 800 auf rund 228 000 zurück (17,1 Prozent).

Für eine grundlegende Besserung sind die wirtschaftlichen Impulse laut Bundesagentur für Arbeit (BA) aber noch nicht stark genug. Bei der voll sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gebe es „immer noch einen leichten Abbau und keinen Aufbau“, sagte Behörden-Chef Weise. Er erwarte aber, dass der Rückgang bis Herbst womöglich gestoppt werden könne. BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt erwartet eine Trendwende zumindest bei den Arbeitslosenzahlen im Sommer.

MÜNTEFERING SPRICHT VON ERFOLG

Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) führt die Abnahme der Arbeitslosenzahlen auf das stärkere Wirtschaftswachstum zurück. „Wir erleben den stärksten Rückgang der Arbeitslosigkeit seit Jahren“, sagte er. Der Minister wertete es als Erfolg der Bundesregierung, dass die Arbeitslosenzahl bei den Jüngeren unter 25 Jahren um mehr als 85 000 im Vergleich zum Mai 2005 zurückgegangen sei. Müntefering mahnte die Wirtschaft, es liege in ihrer Verantwortung, mehr Beschäftigung zu schaffen.

Die FDP sprach hingegen von einem „lauen Lüftchen“ ohne nachhaltige Wirkung. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht noch keinen Grund zur Entwarnung auf dem Arbeitsmarkt. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte, der Rückgang der Arbeitslosigkeit beziehe sich in erster Linie auf Kurzzeitarbeitslose, die inzwischen vom Umbau der Bundesagentur profitierten. „An den Langzeitarbeitslosen droht die positive Entwicklung völlig vorbeizugehen“, sagte Buntenbach.

AGENTUR WILL MÄNGEL BESEITIGEN

BA-Vorstand Weise wies Vorwürfe zurück, die BA trage eine Mitschuld an den steigenden Ausgaben für das Arbeitslosengeld II. Weise sagte, die Details der Reform seien von der Politik beschlossen worden. „Die Verantwortung liegt bei denen, die das Gesetz beschlossen haben“, sagte Weise. Die Strukturen bei der Betreuung der Bezieher von Arbeitslosengeld II seien das Ergebnis eines politischen Kompromisses im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Es sei außerdem falsch, dass die BA sich zu Lasten von Hartz IV saniere. „Das sind echte interne Sanierungserfolge, die mit Mehrausgaben beim Arbeitslosengeld II nichts zu tun haben“, sagte Weise. Die BA finanziert das Arbeitslosengeld I aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, während der Bund das Arbeitslosengeld II aus Steuergeldern bezahlt. In diesem Jahr rechnet die BA mit einem Überschuss in Milliardenhöhe. Weise sagte, dass die BA die Kritik des Bundesrechnungshofs bei der Umsetzung von Hartz IV annehme. „Die Mängel müssen wir angucken und abarbeiten.“ Der Bundesrechnungshof hatte kritisiert, vor allem bei der Vermittlung der Langzeitarbeitslosen gebe es „erhebliche Mängel“.

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