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Wirtschaft: Weniger Streiks im Karneval

Tarifparteien im öffentlichen Dienst vertagen sich

Berlin - Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes ist am Donnerstag ein weiterer Kompromissversuch gescheitert. Die Gespräche für die über 200 000 Beschäftigten in den baden-württembergischen Kommunen wurden am Abend nach mehr als sechs Stunden ergebnislos auf kommenden Montag vertagt. Verdi-Verhandlungsführer Alfred Wohlfart sagte in Stuttgart, es gebe einen sehr „deutlichen Dissens im Volumen der Arbeitszeit und keinerlei Annäherung.“ Der Streik werde nicht ausgesetzt. Bereits am Samstag sollten aber die Gespräche in kleiner Runde an einem geheimen Ort fortgeführt werden. Arbeitgeber-Verhandlungsführer Gerhard Widder sagte, vor den Verhandlungspartnern liege noch ein Stück Arbeit. Es sei wichtig, dass das Zeitbudget größer werde.

Baden-Württemberg ist seit nunmehr knapp drei Wochen das Hauptgebiet des Arbeitskampfes, mit dem die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Verlängerung der Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Wochenstunden verhindern will. Eine Lösung des Konflikts auf der kommunalen Ebene gilt als unwahrscheinlich, solange nicht auf der Ebene der Bundesländer eine Lösung gefunden ist. Am Montag war ein Gespräch von Ländervertretern mit der Verdi-Spitze in Berlin ergebnislos geblieben. Immerhin verständigten sich jedoch die Arbeitgeber um den niedersächsischen Finanzminister Hartmut Möllring mit Verdi darauf, die Verhandlungen am 10. März in Berlin fortzusetzen. Verdi betonte auch am Donnerstag, man stehe jederzeit und auch vor dem 10. März für Verhandlungen zur Verfügung. Bis dahin würden die Streiks in jedem Fall fortgesetzt, wenn auch wegen des Karnevals und vor allem in Nordrhein-Westfalen nur in begrenztem Ausmaß.

Am Donnerstag hatte Verdi nach eigenen Angaben rund 25 000 Mitglieder im Streik, etwa 10 000 davon in Baden-Württemberg. Das Bundesland wird vorrangig von Verdi bestreikt, weil dort sowohl die Landesregierung für ihre Arbeiter und Angestellten als auch die kommunalen Arbeitgeber eine Verlängerung der Arbeitzeit und eine Kürzung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes anstreben. Hinzu kommen Landtagswahlen am 26. März. Das Kalkül von Verdi geht dahin, dass die Landesregierung aus Angst vor dem Unmut der Wähler kompromissbereit wird.

Verdi ist kampfstark auf der kommunalen Ebene, weil streikende Erzieher, Krankenschwestern oder Müllwerker mehr Wirkung erzielen als etwa Landesbedienstete in statistischen Ämtern. Deshalb braucht Verdi auch die Unterstützung der kommunalen Ebene, um die Länder von ihren Arbeitszeitplänen abzubringen. Wenn es zu einem Kompromiss mit den Ländern käme, würden diese auch wieder unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags im öffentlichen Dienst (TVöD) fallen, den Verdi mit Bund und Kommunen Anfang 2005 vereinbarte. Umgekehrt dürfte die Einheitlichkeit des öffentlichen Tarifrechts der Geschichte angehören, wenn es keinen Kompromiss gibt.

Von der Auseinandersetzung nicht betroffen ist Berlin, wo Verdi mit dem Land einen besonderen Tarif abgeschlossen hat, und Hessen, das aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten ist. Trotzdem gibt es Aktivitäten: Im Berliner Behring-Krankenhaus, das seit 2004 zum Helios-Konzern gehört, wollten die Verdi-Mitglieder am Donnerstag mit einer „aktiven Mittagspause“, wie es bei Verdi hieß, ihre Solidarität mit den Streikenden ausdrücken.

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