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Wirtschaft: „Wenn alle sparen, bricht die Wirtschaft zusammen“

Berlin - Eine gewöhnliche Vorlesung läuft sicher nicht anders ab: Der große Hörsaal in der TU ist überfüllt, der Vortragende hat anfangs Mühe, sich gegen das Stimmengewirr durchzusetzen. Doch am Freitagabend steht kein Seminar über Maschinenbau auf dem Plan.

Berlin - Eine gewöhnliche Vorlesung läuft sicher nicht anders ab: Der große Hörsaal in der TU ist überfüllt, der Vortragende hat anfangs Mühe, sich gegen das Stimmengewirr durchzusetzen. Doch am Freitagabend steht kein Seminar über Maschinenbau auf dem Plan. An diesem Abend beginnt der „Perspektivenkongress“. 70 Organisationen, darunter Gewerkschaften, Sozialverbände und die Globalisierungskritiker Attac, hatten eingeladen, um über „Alternativen zu der Politik des Sozialabbaus“ zu diskutieren.

Doch bevor die Redner Rezepte verraten, wie man dem „Neoliberalismus die Stirn bieten“ kann, wird die aktuelle gesellschaftliche Situation analysiert. Der erste Redner des Abends, der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach, nennt den Sündenbock beim Namen: Der Kanzler habe mit seiner Agenda 2010 massiv zur Verschlechterung der Lebensgrundlage breiter Bevölkerungsschichten beigetragen. Hinter der Agenda stünde die „Fehldiagnose“, die Deutschen hätten zu hohe Ansprüche . „Dabei zeigt die Tatsache, dass große Teile der Beschäftigten bereit sind, auf Lohn zu verzichten, um Arbeitsplätze zu retten, wie absurd solche Annahmen sind“.

In der Podiumsdiskussion stehen die Wirtschaftskapitäne im Kreuzfeuer der Kritik. „Ich schreibe den Unternehmern einzelwirtschaftliche Kompetenzen zu“, sagt Gustav Horn vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin . „Aber was für den Mikrokosmos eines Unternehmens gilt, dient nicht als Leitlinie für die Gesamtwirtschaft.“ Wenn der Einzelne in schlechten Zeiten spare, sei das sinnvoll. „Wenn aber alle sparen, bricht die Wirtschaft zusammen.“ Der IG-Metall-Chef Jürgen Peters hält ebenfalls wenig von den Apellen, die „Gürtel enger zu schnallen“ und zur „40-Stunden-Woche zurückzukehren“. Solche Forderungen würden immer in Krisenzeiten laut, das kenne man aus der Ära Kohl. „Das ist der falsche Ansatz“, sagt Peters, der am Ende doch noch mit Rezepten für mehr Wohlstand und mehr Freiheit herausrückt: „Wir brauchen mehr öffentlich geförderte Beschäftigung und Arbeitszeitverkürzung für alle.“

Sabine Hölper

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