zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Wenn einer fällt, stürzen die anderen mit

Anstatt Griechenland immer neue Kredite zu geben, fordern manche Politiker und Ökonomen, lieber sofort einen klaren Schuldenschnitt zu machen. Das Land geht ohnehin pleite, meinen sie, und je früher sich Europa damit abfinde, desto besser.

Anstatt Griechenland immer neue Kredite zu geben, fordern manche Politiker und Ökonomen, lieber sofort einen klaren Schuldenschnitt zu machen. Das Land geht ohnehin pleite, meinen sie, und je früher sich Europa damit abfinde, desto besser. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Ansgar Belke, Wirtschaftsprofessor an der Universität Duisburg-Essen, fordert eine harte Umschuldung, bei der die Gläubiger gezwungen würden, auf einen Teil ihres Geldes zu verzichten. Auf diese Weise könnte der griechische Schuldenberg auf einen Schlag um die Hälfte sinken. Das Land wäre von den hohen Zinszahlungen befreit und könnte sich schneller berappeln. Weitere Kredite und Garantien der Europäer wären vorerst überflüssig.

Auf der anderen Seite aber stehen hohe Verluste für die Gläubiger: Laut Belkes Berechnungen würde ein Wertverlust der griechischen Staatsanleihen um 50 Prozent den deutschen Staat direkt 36,9 Milliarden Euro kosten Doch bei der Summe würde es nicht bleiben. Zwar haben die deutschen Banken und Versicherungen ihr Engagement in Griechenland bereits zurückgefahren. Ein Schuldenschnitt würde einige von ihnen treffen, aber nicht ins Wanken bringen. Umso härter aber würde eine Umschuldung andere Teilnehmer in der Eurozone treffen und damit Deutschland.

Da ist zum Beispiel die Europäische Zentralbank (EZB), die griechische Staatsanleihen im Wert von 45 bis 50 Milliarden Euro halten soll. Verlören diese die Hälfte ihres Wertes, bräuchte die EZB vermutlich eine Kapitalerhöhung. Daran müsste sich auch Deutschland beteiligen. „Für Deutschland wäre das machbar“, sagt der FDP-Finanzexperte Björn Sänger. Länder wie Spanien oder Portugal aber könnten den Betrag sicher nicht aufbringen, ohne ihre ohnehin schon angespannten Haushalte endgültig zu ruinieren. Zumal die Märkte nun sicher auch von ihnen höhere Zinsen für Kredite verlangen würden. Im schlimmsten Fall müssten die Europäer für ein weiteres Land einspringen – das würde richtig teuer werden

Und ob man die Lage in Griechenland so unter Kontrolle bekommt, ist fraglich: Bei einer harten Umschuldung würden die griechischen Staatsanleihen von den Ratingagenturen mit dem Stempel „Totalausfall“ versehen. Solche Anleihen darf die EZB nicht als Sicherheit für Kredite an Banken akzeptieren. Die Institute, bereits angeschlagen durch den Schuldenschnitt, würden kein frisches Geld mehr aufnehmen können und pleite gehen. Die nächste Krise wäre programmiert – sehr unwahrscheinlich, dass die Politik das riskiert. Miriam Schröder

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false