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Wirtschaft: Wenn Frauen führen

Jede fünfte mittelständische Firma hat eine Chefin – die Unternehmen wachsen aber langsamer

Berlin - In Dax-Unternehmen sind Frauen noch selten in der Führungsspitze anzutreffen, im Mittelstand gibt es dagegen immer mehr Chefinnen. Jedes fünfte mittelständische Unternehmen in Deutschland wird mittlerweile von einer Frau geleitet, wie aus einer Studie der KfW-Bankengruppe hervorgeht. 730 000 der rund 3,7 Millionen mittelständischen Firmen hierzulande haben eine Chefin an der Spitze. Vor acht Jahren lag der Frauenanteil unter den Chefs mit 15 Prozent noch deutlich niedriger.

Besonders häufig leiten Frauen der KfW-Studie zufolge Firmen im Gastgewerbe, hier liegt ihr Anteil mit 49,8 Prozent deutlich über dem Durchschnitt. Im mittelständischen Baugewerbe gibt es dagegen mit einem Anteil von 7,6 Prozent nur wenige weibliche Chefs.

Auch regional gibt es große Unterschiede beim Anteil von Frauen in Führungspositionen. Besonders fortschrittlich ist der Berliner Mittelstand. Zu dem Ergebnis kommt eine Umfrage der Commerzbank unter 4000 mittelständischen Unternehmen. Demnach sind in den Berliner Unternehmen mit mehr als 2,5 Millionen Euro Jahresumsatz inzwischen 25 Prozent aller Top-Führungskräfte weiblich. Damit liegt Berlin fünf Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Mehr Frauen in Führungspositionen gibt es nur in Sachsen-Anhalt und Sachsen. In den Dax-Konzernen seien es viel weniger, betont Hans-Kornel Krings, Leiter der Gebietsfiliale Berlin der Commerzbank: „Hinsichtlich Fachkräftemangel und demografischer Entwicklung macht der Mittelstand in der Führung schon jetzt einen besseren Job als die Großunternehmen.“

Je kleiner der Betrieb, desto größer sind die Aufstiegschancen für Frauen, zeigt auch die KfW-Studie. Liegt der Anteil der Chefinnen bei Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten noch bei 20,2 Prozent, schrumpft er bei Firmen mit mehr als 50 Beschäftigten auf 8,5 Prozent zusammen.

Die KfW-Studie zeigt auch klare Unterschiede in der Unternehmensführung von Männern und Frauen: So wachsen Firmen mit weiblichen Chefs beim Umsatz langsamer. „Ein Grund liegt in der unterschiedlichen, geschlechterspezifischen Motivation für die Selbständigkeit“, sagt Studienleiterin Margarita Tchouvakhina. So strebten Frauen seltener Wachstum an, um flexibel zu bleiben und die Balance zwischen privatem und beruflichem Leben besser zu halten.

Die Studie belegt auch, dass die Investitionsbereitschaft bei den frauengeführten Firmen geringer ist. Chefinnen reagieren demnach schneller und stärker auf negative Konjunkturanzeichen und bleiben auch zu Boomzeiten zögerlich. „Wachstumsorientierte Investitionsziele nehmen bei männergeführten Unternehmen einen höheren Stellenwert ein“, sagt Tchouvakhina. Männer investierten häufiger mit dem Ziel, das Sortiment zu erneuern, Forschung und Entwicklung zu ermöglichen oder den Umsatz zu steigern. 2009 investierte der deutsche Mittelstand 176 Milliarden Euro, davon entfielen nur 16 Milliarden Euro auf Betriebe mit einer Frau an der Spitze. In Kreditverhandlungen sind Unternehmerinnen dagegen genauso erfolgreich wie Unternehmer – obwohl sich die Chefinnen der Studie zufolge seltener um Kredite bemühen als ihre männlichen Kollegen.

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