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Wirtschaft: „Wenn man helfen kann, sagen Sie Bescheid“ Der Kanzler macht seinen Rundgang über die Cebit

Hannover - Es fängt rasant an. Als erstes darf der Kanzler in ein Auto steigen: einen mittelblauen BMW-X3 auf dem Stand der Computerfirma IBM.

Hannover - Es fängt rasant an. Als erstes darf der Kanzler in ein Auto steigen: einen mittelblauen BMW-X3 auf dem Stand der Computerfirma IBM. Auf der Cebit stehen aber nicht die Autos im Mittelpunkt. Hier geht es um Software und zusätzlichen Service, den IBM in den BMW hineingepackt hat. Zum Beispiel die direkte Verbindung zu dem freundlichen Stauassistenten, der in Düsseldorf sitzt. Der könnte Gerhard Schröder per Funk von seinem Standort in Halle 1 des Messegeländes in Hannover nach Berlin ins Kanzleramt lotsen. Der Kanzler aber hat heute andere Pläne. Er will die gute Stimmung entdecken, die jetzt angeblich in der Hightech-Branche wieder aufkeimt, er will in Hannover die Innovationen sehen, die er sich von der deutschen Industrie wünscht.

Und weil Schröder auf der Herfahrt im Stau stand – sein Dienstwagen muss offenbar ohne IBM-Technik auskommen – ist es jetzt schon 8.30 Uhr. Der Kanzler hängt dem Zeitplan für den dreistündigen Messerundgang über elf Stationen schon eine Viertel Stunde hinter her. Es ist Eröffnungstag. Während die Masse der Besucher draußen die Zufahrtswege verstopft, wird an den Ständen noch schnell gesaugt. Der mehr als 50-köpfige Tross von Begleitern, Sicherheitsleuten und Journalisten um den Kanzler bringt die letzten hektischen Aufbauarbeiten ein wenig durcheinander.

Gerhard Schröder besucht die Firmen mit den großen Namen: Sony, Sun, Debitel. Doch viel sehnsüchtiger als auf Handys, Bildschirme und 3D-Animationen schaut der Kanzler auf das schöne weiße Ledersofa, das bei Arcor steht. Zum Sitzen ist aber keine Zeit. Bei SAP zeigt man Schröder ein System zur elektronischen Aktenverwaltung. Schröder ist beeindruckt, dass das System immer genau weiß, wo sich eine Akte gerade befindet. Ein blauer Punkt am Bildschirm zeigt den Aufenthaltsort in einem Raumplan an. Das ist eine Anwendung, die Schröder ganz offensichtlich für sehr nützlich hält.

Etwa zehn Minuten hat der Kanzler für jede Station und den Weg zur nächsten. Zwischendurch bleibt nur kurz Zeit für allgemeine Statements: Zur gleichen Zeit im letzten Jahr, sei die Stimmung auf der Cebit wesentlich schlechter gewesen, sagt er in die Kameras. „Es gibt Anlass zu Optimismus.“ Dabei kann es ihm bei dem Eiltempo kaum gelingen, Stimmungen zu erfassen. Die Hallen füllen sich. Die ersten Besucher sind da.

Am Stand der Deutschen Telekom kommt Schröder nicht weg, ohne ein Wort zur Maut zu sagen. „Das ist eine Frage der Ehre“, sagt er, dass die deutsche Industrie diese Herausforderung bewältigt. Dafür bekommt er Applaus aus dem Publikum. Welche Herausforderung Siemens-Chef Heinrich von Pierer ihm mit auf den Weg gegeben hat, das ahnt der Kanzler noch nicht. Schröder, der immer zu Innovationen mahne, benutze immer Handys, die nicht auf dem Stand der Technik seien. „Das ärgert mich“, sagt von Pierer und drückt dem Kanzler ein neues Multimediahandy in die Hand. Acht Stunden haben Testkunden gebraucht, um mit dem neuen Modell so schnell zu sein wie mit ihrem alten Handy, verrät ein Siemens-Mitarbeiter hinterher – weil die Tasten so ungewöhnlich angeordnet sind.

Bei SIV , einem Softwareanbieter aus der Nähe von Rostock, wird Schröder neugierig, er stellt dem verblüfften Firmenchef eine Frage nach der anderen. Die Antworten, die Schröder sicher behalten wird: Der größte Softwareanbieter in Mecklenburg-Vorpommern, 200 Mitarbeiter und Aussicht auf Aufträge aus Russland. „Wenn man helfen kann, sagen Sie Bescheid“, sagt der Kanzler und trägt sich noch schnell ins Gästebuch ein.

Am besten gefallen hat es Schröder wohl bei Motorola. „So was brauche ich“, sagt er, und meint nicht das flachste Handy der Welt aus Flugzeugaluminium, sondern einen kleinen Taschencomputer. Der macht ein „nahtloses“ Musikerlebnis möglich. Die Musik begleitet einen ununterbrochen überallhin – ohne abzuschalten kann man das Gerät auch im Auto installieren.

Aber Musik hat der Kanzler nicht im Sinn. „Das werde ich den Mitgliedern des Kabinetts verordnen“, sagt Schröder und lacht. „Egal wo sie sind, immer kommt his Master´s Voice.“

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