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Wirtschaft: Wer zu Hause bleibt, wird belohnt

Thüringen zahlt Eltern von kleinen Kindern 150 Euro im Monat, wenn der Nachwuchs nicht in die Kita geht

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel und Familienministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) streiten für gebührenfreie Kindergartenplätze, das CDU-geführte Bundesland Thüringen belohnt dagegen Eltern, die ihre Kinder zu Hause lassen. Doch der Thüringer Sonderweg stößt selbst im eigenen Land auf erbitterten Widerstand. Betroffene Eltern wollen jetzt mit einem Volksbegehren das umstrittene Kita-Gesetz kippen.

„Wir starten Anfang Mai“, sagte Peter Häusler vom Trägerkreis „Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik“ dem Tagesspiegel. Der Trägerkreis hat einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet, der in wesentlichen Punkten von dem umstrittenen Thüringer Kita-Gesetz abweicht. Die Vorlage eines eigenen Entwurfs ist eine zwingende Voraussetzung, um das Volksbegehren durchführen zu können.

Dabei klingt das Thüringer Kita-Gesetz, das seit Februar in Kraft ist, durchaus familienfreundlich. Kinder, die in Erfurt oder Jena leben, haben bereits mit zwei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz und damit ein Jahr früher als in anderen Bundesländern. Zudem zahlt Kultusminister Jens Goebel (CDU) Eltern von Kindern, die zwischen zwei und drei Jahre alt sind, über das bundesweit einheitliche Erziehungsgeld hinaus noch ein Landeserziehungsgeld. Das Problem: Das Geld gibt es nur dann in voller Höhe, wenn die Kinder nicht in den Kindergarten gehen. Besucht der Nachwuchs die Kita halbtags, wird das Erziehungsgeld gekürzt. 150 Euro im Monat gibt es vom Staat, wenn der Knirps keine Geschwister hat. Je größer die Familie, desto höher das Erziehungsgeld. Bei drei oder mehr Geschwistern bekommt der Zwei- bis Dreijährige schon 300 Euro monatlich fürs Daheimbleiben. Im Gegenzug werden Landesmittel für die Kindergärten gekürzt.

„Die Kinder, die es am nötigsten hätten, werden jetzt wieder vor den Fernseher gesetzt statt in den Kindergarten geschickt“, fürchtet Häusler. Zum 1. Juli soll das neue Gesetz in die Praxis umgesetzt werden. Damit Kitas nicht schließen müssen, versuchen viele Kommunen, die gekürzten Landesmittel aus eigener Tasche zu ersetzen. Das Kultusministerium räumt ein, dass Kita-Plätze abgebaut werden sollen. Kitas sind teuer, und Thüringen sei überversorgt.

38 Millionen Euro sind im Landeshaushalt 2006 für das Elterngeld vorgesehen, für Kitas gab das Land 2005 rund 150 Millionen Euro aus. 446 Euro kostet ein Kindergartenplatz im Schnitt, rechnet Ministeriumssprecher Detlef Baer vor, davon entfallen 244 Euro auf die Kommunen, 138 Euro auf das Land und 64 Euro auf die Eltern. Dass das Erziehungsgeld falsche Anreize schafft, glaubt Baer nicht: „Wo es Probleme gibt, kümmern sich die Jugendämter.“

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