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Die Trophäe. Die "Lions" gibt es in vielen verschiedenen Disziplinen. Immer steht ein Löwe im Zentrum.

© Cannes Lions International Festival of Creativity

Werber treffen sich zum Festival in Cannes: Auf Löwenjagd

Beim Cannes Lions International Festival of Creativity zeigen die Werber, was sie können. Internet und Digitalisierung machen den Job immer schwieriger. China ist ein Wachstumsmarkt.

Sie sind extrem hässlich, aber auch extrem begehrt, die Löwen von Cannes. Für die Werbebranche sind die Trophäen, die bis zum 22. Juni an der Côte d’Azur vergeben werden, so bedeutend wie die Oscars in der Filmindustrie. Seit 1954 treffen sich die Kreativen der Welt hier einmal im Jahr. Es ist das größte und wichtigste Event der Branche. Mehr als 11 000 Werber werden zum Cannes Lions International Festival of Creativity erwartet. 35 765 Beiträge aus 92 Ländern wurden eingereicht, um auf einer der vier Preisverleihungen ausgezeichnet zu werden. Aber es werden nicht nur begehrte Preise vergeben und gefeiert, die Branche trifft sich auch, um Geschäfte zu verabreden und sich auszutauschen.

Herausforderungen gibt es genug. Das Internet und die Digitalisierung eröffnen nicht nur völlig neue Möglichkeiten, Werbung zu gestalten. Sie verändern auch die Art der Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden. Früher lief Werbung vor allem in eine Richtung: vom Unternehmen zum Kunden. Heute ist sie interaktiv. Früher gab es Plattformen – Fernseh- oder Radiosender, Printmedien oder Plakatwände –, auf denen Unternehmen kontrollieren konnten, welche Botschaften sie aussenden wollten. Heute kann jeder Nutzer seine Sicht über ein Unternehmen einem breiten Publikum zugänglich machen. Kunden haben es viel leichter, sich über Unternehmen zu informieren – und zwar nicht nur bei dem Unternehmen selbst. Für die Werbung bedeutet das, sie muss in alle Richtungen arbeiten, 360-Grad-Kommunikation nennen die Experten das. Und wie man Werbung auf dem relativ kleinen Bildschirm eines Mobiltelefons so gestaltet, dass der Nutzer sie auch akzeptiert, daran arbeiten die Kreativen noch.

Zugleich schrumpft aber der Markt. Der Gesamtaufwand für mediale Werbung (Bruttoinvestitionen) lag 2012 hierzulande bei 29,7 Milliarden Euro. Das war knapp ein Prozent weniger als im Jahr zuvor, hat der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) ermittelt. Dabei haben die Onlinedienste erstmals mehr als eine Milliarde Euro (plus neun Prozent) mit Werbung erlösen können. Die Prognose des ZAW: Die gesamten Werbeausgaben könnten 2013 wieder knapp über die Marke von 30 Milliarden Euro steigen. Die Situation der Werbeagenturen sieht dabei etwas besser aus: Sie konnten im vergangenen Jahr ihre Umsätze im Schnitt um 5,4 Prozent steigern und erwarten in diesem Jahr ein Plus von 5,6 Prozent. Das hat der Agenturenverband GWA in einer Umfrage unter seinen Mitgliedern ermittelt.

Auch die Berliner Agentur Heimat hofft auf Löwen

Erfolgreich unterwegs ist auch die Berliner Agentur Heimat. Nach einer Aufstellung des Branchenblattes Horizont konnte sie im vergangenen Jahr den Umsatz um knapp 44 Prozent auf 16,4 Millionen Euro steigern. Damit liegt Heimat auf der Liste der größten inhabergeführten Werbeagenturen nun auf Platz 14. „Die Werbebranche neigt dazu, auf hohem Niveau zu klagen“, sagt Heimat-Kreativ-Chef Guido Heffels. Zwar gebe es nicht mehr die Etats wie in den 80er Jahren. „Heute muss man also schlauere Wege finden, die Menschen zu erreichen.“ Für die Baumarktkette Hornbach hat sich Heimat schon einiges ausgedacht. Das „Haus der Vorstellung“ etwa gewann rund ein Dutzend Preise – unter anderem einen silbernen Löwen in Cannes. Für diese Aktion lud die Agentur 2008 eine Reihe Künstler ein, Wohnungen in einem leer stehenden Haus in der Torstraße in Mitte zu gestalten. Auch in diesem Jahr macht sich Heimat Hoffnung auf Löwen für eine weitere Hornbach-Kampagne.

Das Haus der Vorstellung. Bei dieser Aktion für den Kunden Hornbach im Jahr 2008 lud die Agentur Heimat Künstler ein, ein Haus in der Torstraße in Berlin-Mitte zu gestalten. Die Fassade übernahm die Künstlerin Chiharu Shiota.
Das Haus der Vorstellung. Bei dieser Aktion für den Kunden Hornbach im Jahr 2008 lud die Agentur Heimat Künstler ein, ein Haus in der Torstraße in Berlin-Mitte zu gestalten. Die Fassade übernahm die Künstlerin Chiharu Shiota.

© Heimat

Spannend ist Cannes auch, weil hier verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. China etwa ist ein wichtiger Wachstumsmarkt für die Branche. Das Festival hat sogar einen eigenen „China Day“ eingerichtet. Die Werbeindustrie ist eine der am stärksten wachsenden Branchen im Land, mit einem Volumen von 53 Milliarden Dollar. Damit liegt China hinter den USA auf Platz zwei. Auch BBDO als weltgrößtes Agenturnetzwerk mit Hauptsitz in New York hat zwei große Standorte in Peking und Schanghai. BBDO betreut dort zum Beispiel seinen globalen Kunden Mercedes. Aber auch die deutsche BBDO-Tochter ist in China mit ihrer Agentur Interone vertreten. Gut 80 Leute arbeiten dort. Werbung in China unterscheide sich meist deutlich von der europäischen Werbung, sagt BBDO-Deutschland-Chef Frank Lotze. Nicht nur in den Botschaften, sie ist auch viel bunter.

Heimat-Kreativ-Chef Heffels ist bereits in Cannes. Von Strand und Palmen wird er nicht viel sehen. Als Jurymitglied wird er sich in den nächsten Tagen rund 400 Werbefilme ansehen und dabei von morgens bis abends in eiskalten Räumen sitzen.

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