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Werbung: Kampagne soll Image des Handwerks retten

Ab Samstag sollen in 380 Städten Plakate geklebt, Anzeigen in Zeitungen und im Internet geschaltet werden. Für 50 Millionen Euro wird das Image des Handwerks aufpoliert.

Berlin – Die Buchstaben rutschen aus der Zeitung, die Nähte der Kleider platzen, der Tisch fällt zusammen, die Wasserrohre bersten und schließlich stürzen die Gebäude ein – 60 Sekunden dauert es, bis die hochmoderne Welt sich wieder zur Steinzeit zurückentwickelt hat, und damit in eine Welt ohne Handwerk. Dieser Werbespot für Kino und Fernsehen soll zeigen, wie der Alltag in Deutschland ohne Raumausstatter, Glaser, Reifenmechaniker, Optiker oder Straßenbauer aussähe. Er ist Teil einer Kampagne mit dem Titel „Das Handwerk – Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan.“, für die die 53 deutschen Handwerkskammern rund 50 Millionen Euro ausgeben.

Ab Samstag sollen in 380 Städten Plakate geklebt sowie Anzeigen in Zeitungen und im Internet geschaltet werden. Dazu gibt es eine Internetplattform mit Informationen zum Handwerk und seinen 151 angegliederten Ausbildungsberufen. „Wir wollen zeigen, wie zukunftsträchtig, vielfältig und sicher das Handwerk ist“, sagte der Präsident der Handwerkskammer Berlin, Stephan Schwarz, am Donnerstag bei der Vorstellung der Kampagne. Zudem sei das Handwerk mit einem Umsatz von rund 500 Milliarden Euro pro Jahr eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft.

Anlass für das teure Werbeprojekt war nach Angaben der Handwerkskammern eine Umfrage von März 2008, die besonders bei Jugendlichen geringe Kenntnisse und Wertschätzung für Handwerksberufe offenbarte. „Das Handwerk wird in Deutschland nicht so wahrgenommen, wie es ihm zusteht. Besonders unter Jugendlichen gilt es als uncool, altmodisch und als Branche mit geringen Aufstiegschancen“, sagte Schwarz. So wussten viele Befragte nicht, dass Bäcker, Metzger und Friseure zum Handwerk zählen. Zudem schätzten 65 Prozent der befragten 14- bis 18-Jährigen – also genau die Jugendlichen, die einen Ausbildungsberuf wählen – das soziale Ansehen des Handwerks als niedrig ein.

Genau das soll die von der Werbeagentur Scholz & Friends produzierte Kampagne nun ändern. Dafür wollen die Handwerkskammern besonders in den Schulen werben: 13 000 Plakate sollen aufgehängt werden, Handwerksmeister sollen den Schülern aus ihrem Berufsalltag erzählen. Im Internet soll es Ausbildungsplatz- und Praktikumsbörsen geben. „Wir müssen den Nachwuchs fürs Handwerk sichern, besonders auch in Zeiten rückläufiger Schulabgängerzahlen“, sagte Schwarz.

Zwar bieten die rund 31 000 Handwerksbetriebe in Berlin 15 000 Ausbildungsplätze, oftmals haben die Firmen aber Probleme, geeignete Bewerber zu finden. Das bestätigt auch Karlheinz Frankenstein, Geschäftsführer der Mercedöl Feuerungsbau GmbH in Pankow. Sein Betrieb mit rund 120 Mitarbeitern bildet Mechatroniker, Heizungs- und Sanitärtechniker und Elektriker aus, derzeit hat er 18 Azubis. „Wir hoffen, dass sich durch die Kampagne wieder mehr junge Leute für das Handwerk interessieren“, sagte Frankenstein.

Die Kammern setzen auch auf die Initiative der rund eine Million Handwerksbetriebe in Deutschland. Jede Firma zahlt der Kammer zusätzlich zu ihren Beiträgen im Schnitt zehn Euro pro Jahr, um die Kampagne zu unterstützen. „Wir haben bewusst auf Sponsoren verzichtet, weil wir wollten, dass die Kampagne aus dem Handwerk heraus finanziert wird“, sagte Schwarz. Zusätzlich werden die Firmen mit Aufklebern und Plakaten ausgestattet. So sollen demnächst in ganz Deutschland die Lieferwagen der Handwerker als Werbefläche dienen. „Ganz Deutschland soll wissen: Handwerk ist ein sehr moderner und attraktiver Wirtschaftsbereich“, sagte der neue Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Holger Schwannecke. Der Pankower Handwerksmeister Karlheinz Frankenstein hat seinen Lieferwagen schon zur Werbefläche gemacht – und ihn mit Kampagnenmotiven beklebt.

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