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Wertheim-Grundstücke: Karstadt will weiter klagen

Nach dem Erfolg für die Erben der Wertheim-Familie will sich der Karstadt-Konzern nicht mit dem Entscheid abfinden. Weitere Instanzen sollen jetzt den Fall endgültig klären.

Berlin - In dem jahrelangen Rechtsstreit um das Erbe der jüdischen Kaufhausdynastie Wertheim hat der Handelskonzern KarstadtQuelle eine schwere Niederlage erlitten. Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) sprach mehrere Grundstücke in Berlin, auf denen sich unter anderem das Nobelhotel Ritz-Carlton am Potsdamer Platz befindet, jetzt der Jewish Claims Conference (JCC) zu, wie die Sprecherin der Behörde, Ellen Händler, sagte. Die JCC nimmt die Interessen der während der Nazi-Zeit enteigneten jüdischen Eigentümer wahr.

Die KarstadtQuelle AG streitet sich seit Jahren mit den Wertheim-Erben darum, wem der Wert der Grundstücke am Potsdamer Platz, dem so genannten Lenné-Dreieck, zusteht. Der Konzern hatte das Areal im Herzen der Hauptstadt im Jahr 2000 für 145 Millionen Euro an den Gründer der Metro-Kette, Otto Beisheim, verkauft. Dieser baute dann dort für 435 Millionen Euro das Beisheim-Center, zu dem das Ritz-Carlton gehört. Das BADV habe nun entschieden, dass KarstadtQuelle zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht der rechtmäßige Eigentümer des Grundstücks gewesen sei, bestätigte Sprecherin Händler einen Bericht der "Financial Times Deutschland". Damit ist wahrscheinlicher geworden, dass der Essener Konzern Schadenersatz von mehr als 145 Millionen Euro zahlen muss.

KarstadtQuelle kündigt allerdings an, den Bescheid anfechten zu wollen. "Wir gehen nötigenfalls bis zur allerletzten Instanz", sagte Konzernsprecher Jörg Howe. Rechtsmittel kann das Unternehmen zunächst vor dem Berliner Verwaltungsgericht und dann vor dem Bundesverwaltungsgericht einlegen. Laut Howe ist der Konzern gegebenenfalls aber auch bereit, bis vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen: "Wir glauben, dass wir das Grundstück rechtmäßig erworben und rechtlich weiterveräußert haben". Zudem sei KarstadtQuelle aus aktienrechtlichen Gründen gezwungen, eine endgültige rechtliche Klärung des Streits herbeizuführen, betonte der Sprecher.

Die JCC hat ihrerseits die Option, sich mit einer Schadenersatzforderung von 145 Millionen Euro plus Zinsen direkt an KarstadtQuelle zu wenden. Die Organisation kann aber auch das Grundstück für sich reklamieren. Wie der Deutschland-Direktor der Organisation, Roman Haller, sagte, hat sich seine Organisation bislang noch nicht zwischen diesen beiden Optionen entschieden.

Die Wertheim-Familie war im Zuge der "Arisierung" von den Nationalsozialisten enteignet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich das Grundstück des jüdischen Kaufhauskonzerns am Potsdamer Platz zunächst im Eigentum der Sowjetischen Besatzungszone. Im Zuge eines Gebietsaustausches zwischen West-Berlin und der DDR an der Mauer ging das Gelände dann 1988 an das Land Berlin. Nach der Wiedervereinigung sprach der Senat das Areal dann dem Warenhauskonzern Hertie zu, der 1951 die Firmenanteile der Wertheim-Erben für einen Spottpreis gekauft und Mitte der achziger Jahre das Unternehmen ganz übernommen hatte. Hertie wurde wiederum 1994 von Karstadt gekauft. (tso/ddp)

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