zum Hauptinhalt
Steinmeier

© ddp

Wettbewerb: Alle wollen Vollbeschäftigung

Vizekanzler Steinmeier hat sich im Tagesspiegel für Vollbeschäftigung ausgesprochen. Unterstützung findet er jetzt bei Wissenschaft und Politik.

Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Vollbeschäftigung sind Voraussetzungen für die Sicherung der Sozialsysteme, da sind sich Politik und Wissenschaft einig. Am Freitag hatte Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) im Tagesspiegel Vollbeschäftigung zum Thema gemacht und von dem „kühnen“, aber durchaus „möglichen“ Ziel gesprochen, in Deutschland dies zu erreichen. „Vorausgesetzt, die Politik spielt mit.“ Steinmeier hatte betont, man dürfe sich nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern müsse mit „Mut zur Beharrlichkeit“ auf dem Pfad bleiben, den die Reformen der Agenda 2010 vorbereitet hätten.

Unmittelbar scheint die Vollbeschäftigung nicht erreichbar, da sind sich die Wirtschaftsexperten einig. Grundsätzlich habe die Agenda 2010 jedoch die richtigen Wege eingeschlagen, um Deutschland in Zukunft wettbewerbsfähig zu machen. „Die Agenda 2010 war eben nicht nur ein Blut-, Schweiß- und Tränenkonzept“, sagt Klaus Zimmermann, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Die Aufforderung, neue Leitmärkte zu erschließen sowie auf Integrations- und Bildungspolitik zu setzen, hält Zimmermann für eine notwendige Nachbesserung der Agenda. „Das Fördern und Fordern müsse nun aber mit Taten unterlegt werden“, fordert Holger Schäfer vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Es wäre schön, wenn die Politik den eingeschlagenen Weg auch wirklich weitergehen würde, sagte er dem Tagesspiegel.

„Mit der Agenda 2010 hat man sich zu lange auf Mängelverwaltung eingestellt“, kritisiert Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. Dies bezeichnete er als Scheinlösung. „Das richtige Ziel heißt Beschäftigung.“

„Vollbeschäftigung ist möglich, wenn man das will“, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. „In Deutschland aber wird eine defensive Arbeitsmarktpolitik betrieben, die die Arbeitsplatzbesitzer schützt und die Einstellung von Arbeitslosen behindert.“ Schließlich dürfe man nicht vergessen, dass bestimmte Gruppen von der Arbeitslosigkeit profitierten, sagt Krämer. „Es gibt eine regelrechte Arbeitslosenindustrie“. Dazu zählten die Arbeitsverwaltung und die Anbieter von Aus- und Weiterbildung von Arbeitslosen.

Rolf Schneider, Leiter der Volkswirtschaft bei der Dresdner Bank hält Vollbeschäftigung binnen fünf Jahren in Deutschland für möglich. Allerdings müsse definiert werden was Vollbeschäftigung sei. In den 60er Jahren verstand man darunter eine Arbeitslosenquote von unter ein Prozent. Heute liegt die Schwelle bei drei bis fünf Prozent. „Gegenwärtig sind wir von Vollbeschäftigung weit entfernt“, sagt Schneider, „der Arbeitsmarkt muss reformiert werden.“

Unterstützung findet Steinmeier auch bei den meisten Parteien. „Es ist wichtig, das Ziel der Vollbeschäftigung nicht aus den Augen zu verlieren“, sagt Ralf Brauksiepe, der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion. Deutschland befinde sich auf einem sehr guten Weg, und hätte bereits in einigen Regionen Bayerns und Baden-Württembergs Vollbeschäftigung erreicht. „Wir müssen Kurs halten“, sagt Brauksiepe. Als „bemerkenswertes Traktat“, das die Unterstützung der Liberalen erhalte, bezeichnet FDP-Generalsekretär Dirk Niebel den Versuch Steinmeiers, seine Partei auf den Agenda-Weg festzulegen. „Allerdings blendet der Minister in seinen Betrachtungen völlig aus, dass der Agenda-Weg auch verlangt, jetzt auf die Steuer- und Abgabenbremse zu treten“, sagte Niebel. Als „reinste konjunkturelle Trittbrettfahrerei“ bezeichnet die Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, die Offerte einer Vollbeschäftigung. Dagmar Enkelmann, 1. Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Die Linke, sagte,Steinmeier werde mit der Agenda 2010 weder Vollbeschäftigung noch eine Stärkung der SPD erreichen. glo/dr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false