zum Hauptinhalt

Wettbewerb: Kein Steuervorteil für Zigaretten-"Sticks"

Die bisher preisgünstigeren Zigaretten-"Sticks" müssen künftig in Deutschland wie normale Zigaretten besteuert werden. Das entschied der Europäische Gerichtshof am Donnerstag in Luxemburg. Industrie und Handel fürchten nach dem Urteil Arbeitsplatzverluste.

Luxemburg - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am Donnerstag in Luxemburg, es handele sich bei den vorgefertigten Röllchen nicht wirklich um Tabak-Feinschnitt für Selbstdreher. Deswegen dürfe auch der niedrigere Steuersatz für Selbstgedrehte nicht auf die «Sticks» angewendet werden. (Rechtssache C-197/04)

Unklar blieb zunächst, wann die preisgünstigen Produkte vom Markt verschwinden. Die EU-Kommission erwartet, dass die Bundesregierung das Urteil umsetzt. «Das war ein sehr, sehr klares Urteil», sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel. Zur Frage, ob die Kommission eine Verzögerung in der Umsetzung befürchte, sagte sie: «Ich glaube nicht, dass die Kommission dazu Stellung nehmen muss, bevor wir sehen, was die deutsche Regierung tut.» Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) müssen so rasch wie möglich umgesetzt werden. «Die Mitgliedstaaten haben unverzüglich mit der Umsetzung eines Urteils zu beginnen», hieß es im Luxemburger Gericht am Donnerstag. Die Umsetzung müsse so schnell wie möglich abgeschlossen werden.

Das Bundesfinanzministerium ließ zunächst offen, wie schnell es das Urteil umsetzen will. «Nach dem Urteil ist die in Deutschland angewandte Besteuerungspraxis nicht mit europäischem Recht vereinbar», hieß es in einer in Berlin verbreiteten Stellungnahme des Ministeriums. «Die gegenwärtige Verwaltungspraxis ist deshalb umzustellen. Die Einzelheiten der Umstellung werden möglichst rasch geprüft.»

Industrie und Handel fürchten nach dem Urteil Arbeitsplatzverluste in Deutschland und zunehmenden Schmuggel. Jährlich werden rund 22 Milliarden Steckzigaretten in Deutschland geraucht, das entspricht einem Fünftel des Marktes oder vier bis fünf Millionen Rauchern. Ohne Übergangsfristen für die Umsetzung des Urteils sind nach Angaben der Branche mehr als 1000 Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet, darunter 300 in Bremen (BAT), 300 in Lahr (Reemtsma), 160 in Dresden (Philip Morris) sowie weitere 400 bei deutschen Tabakbauern in Baden- Württemberg.

Sprecher der Unternehmen reagierten enttäuscht auf das Urteil, das jedoch nicht unerwartet kam. «Wir sprechen uns für eine ausreichend lange Übergangsfrist und stufenweise Anhebung der Besteuerung aus», sagte Reemtsma-Chef Richard Gretler. Sein Unternehmen habe «Produktantworten» für die besonders preisempfindlichen Raucher vorbereitet. Auch British American Tobacco (BAT) forderte eine «angemessene Frist, um den Konsumenten zu Fabrikzigaretten zurückzuführen und die Produktion auszusteuern und auf andere Produkte umzustellen». Ähnlich äußerten sich Verbände des deutschen Tabakwarenhandels. Die Händler befürchten das Aus für kleinere Tabakgeschäfte.

Die «Sticks» - im Verfahren vor dem höchsten EU-Gericht ging es um «West Single Packs» - sind nach Feststellung des Gerichts Zigaretten und müssen dementsprechend besteuert werden. Zigaretten seien nach geltendem Recht auch «Tabakstränge, die durch einen einfachen nichtindustriellen Vorgang in eine Zigarettenpapierhülse geschoben werden». Dem Gericht zufolge ist dies eindeutig der Fall. Die Bundesregierung, die von der EU-Kommission verklagt worden war, hatte dies bestritten: Es seien «mehrere aufeinander folgende Verfahrensschritte nötig», die «eine genaue und geübte Handhabung erforderten». (tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false